TerraSAR-X: Deutscher Star der Fernerkundung wird fünf

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Vor genau fünf Jahren, am 15. Juni 2007 um 04:14 Uhr MESZ, startete der deutsche Radarsatellit TerraSAR-X vom russischen Kosmodrom Baikonur ins All. Der Tag steht für den Beginn einer neuen Phase der Satelliten-Fernerkundung in Deutschland. Auf fünf Jahre ausgelegt, hat der Erdtrabant seine Soll-Lebenszeit erfüllt – doch der hervorragende Zustand des Satelliten läßt weitere  Betriebsjahre erwarten.

„Der Betrieb von TerraSAR-X läuft seit fünf Jahren nahezu fehlerlos. Der Treibstoffverbrauch des Satelliten war gering, Solarbatterie sowie Radarinstrumente sind in gutem Zustand, und es sind noch alle Ersatzsysteme vorhanden. Das hätten wir uns nicht besser wünschen können“, sagt Michael Bartusch, Projektleiter der TerraSAR-X-Mission beim Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für – und Raumfahrt (DLR).

Zuverlässig und hochgenau

TerraSAR-X wurde im Auftrag des DLR von gebaut und ist der erste Erdbeobachtungssatellit, der vollständig in Deutschland entwickelt wurde. Dank der Radarinstrumente an Bord kann die Erdoberfläche unabhängig von Wetterbedingungen, Wolkenbedeckung und Tageslicht vermessen werden. Mit einer Detailgenauigkeit von bis zu einem Meter liefert der Satellit seit Missionsbeginn dabei einmalige Datensätze.

Damit hat TerraSAR-X seine Mission voll erfüllt: Die Bereitstellung von hochwertigen SAR-(Synthetic-Aperture--)Daten im X-Band für Forschung und Entwicklung sowie für wissenschaftliche und kommerzielle Anwendungen. Der kommerzielle Vertrieb der Daten erfolgt seit Anfang 2008 über Infoterra GmbH, den deutschen Teil von GEO-Information Services.

Die hohe Genauigkeit und Verlässlichkeit der TerraSAR-X-Daten hat Wissenschaftlern aus unterschiedlichsten Forschungsrichtungen die Entwicklung ganz neue Anwendungen und Verfahren ermöglicht. Besonders gefragt sind Aufnahmen in Zeitreihen, um Veränderungen einer bestimmten Region anhand der hochaufgelösten Satellitenbilder exakt zu erfassen.

Wertvolle Gletscher- und Klimadaten

Zum Beispiel die Beobachtung von Gletschern in Grönland – mit ihrer Fließgeschwindigkeit dienen sie als Indikator für die globale Erwärmung. Für ein Forschungsprojekt der Universität von Washington werden die 20 wichtigsten Ausflussgletscher fünf mal im Jahr vermessen. Besonderer Augenmerk gilt dabei dem Jakobshavn Isbrae, der als einer der schnellsten Gletscher der Welt gilt. TerraSAR-X ist derzeit als einzigster Fernerkundungssatellit in der Lage, Aufnahmen in der notwendigen Auflösung und Zeitreihe für das Projekt zu liefern.

Klimafrösche aus dem All beobachten

Für Klimaforscher nimmt der deutsche Radarsatellit sogar Waldfrösche in Nordkanada unter die Lupe. Denn die rund acht Zentimeter großen Amphibien sind ebenfalls ein Klimaindikator – verändert sich das und der Lebensraum, wirkt sich das umgehend auf die sensible Population aus. Die Frösche brüten in kleinen Wassertümpeln, die sich in der Auftauperiode nach dem kalten Winter bilden und dann austrocknen.

Den hochauflösenden Aufnahmen von TerraSAR-X entnehmen die Wissenschaftler des Terrestrial-Wetland Global Change Network nun, wann sich die Froschtümpel bilden und wie sie sich über die Zeit entwickeln. Zuvor waren sie hauptsächlich darauf angewiesen, Mikrofone aufzustellen und anhand der eingehenden Froschlaute auf den Bestand zu schließen. Mit den neuen Technologien aus der Fernerkundung können die Biologen nun ganz neue Wege gehen.

Wärmeausdehnung des Berliner Hauptbahnhofs messbar

Eine ganz neue Anwendung findet TerraSAR-X auch in der Beobachtung von kritischen Infrastrukturen. Dies gilt für Brücken und insbesondere für Sicherheitsanlagen wie etwa Staudämme. Dank modernster Verfahren kann das Radarauge Verformungen – im Milimeterbereich – hochgenau nachvollziehen.

Dies demonstrierten Entwickler vom DLR Oberpfaffenhofen in einer Zusammenarbeit mit der Technischen Universität am Berliner Hauptbahnhof: Innerhalb eines Jahres verformt sich der Stahlkomplex vertikal um bis zu 1,8 Zentimeter und horizontal zwischen 1,5 und 3,5 Zentimeter. Die Aufnahmen von TerraSAR-X zeigen die saisonalen Unterschiede millimetergenau – in den warmen Jahreszeiten dehnt sich die Stahlkonstruktion aus und erreicht zwischen Juni und September ihren Höchststand. In der kühleren Jahreszeit zieht sich das Material Bahnhof wieder zusammen.

Naturkatastrophen und Großereignisse

Einen wichtigen Beitrag leistet TerraSAR-X bei Naturkatastrophen, Großunfällen oder humanitären Hilfsaktionen. Für die bestmögliche Hilfe vor Ort benötigen Einsatzkräfte umfassende Lageinformationen – unabhängig von Tageszeit, Wetterlagen, detailliert und aktuell. Für die -Messgeräte von TerraSAR-X kein Problem.

Das DLR ist daher Mitglied der „International Charter Space and Major Disasters“: Daten zur Notfallkartierung lieferte der Radarsatellit beispielsweise bei dem schweren Erdbeben auf Haiti 2010, den Überschwemmungen in Pakistan 2011 oder der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe in Japan. Zuletzt war TerraSAR-X während des Fußball Champions League Finales in im Einsatz – für eine Testübung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz zur Lageerfassung bei Großereignissen.

Performance-Schub durch Zwilling TanDEM-X

In den fünf Dienstjahren hat die deutsche Satellitenmission TerraSAR-X eine Vielzahl von Hilfseinsätzen und Projekten erfolgreich unterstützt oder überhaupt erst ermöglicht. Seit Juni 2010 befindet sich der Satellit in guter Gesellschaft. Mit seinem nahezu baugleichen Zwilling TanDEM-X fliegt TerraSAR-X in einer engen Formation um die . Gemeinsam sollen sie ein hochgenaues Höhenmodell des Planeten erstellen.  Die eigenen Missionsziele unverändert im Blick, erfüllt  TerraSAR-X auch hier alle Erwartungen.

Erstes PPP Projekt aus Forschung und Wirtschaft

TerraSAR-X wird im Auftrag des Deutschen Zentrums für – und Raumfahrt (DLR) mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie realisiert. Es ist der erste deutsche Satellit, der im Rahmen einer so genannten Public Private Partnership (PPP) zwischen dem DLR und Astrium realisiert wird, die Nutzung von TerraSAR-X-Daten für wissenschaftliche Zwecke liegt dabei in der Zuständigkeit des DLR, das auch die Konzeption und Durchführung der Mission sowie die Satellitensteuerung übernimmt. Astrium beteiligt sich an den Kosten für Entwicklung, Bau und Einsatz des Satelliten. Die Infoterra GmbH, eine eigens zu diesem Zweck gegründete Tochtergesellschaft von Astrium, übernimmt die kommerzielle Vermarktung der Daten.