Eröffnung der Anlage :envihab – Raumfahrtforschung mit Schlaflabor und Zentrifuge

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Die Zentrifuge zieht mit der sechsfachen Erdanziehungskraft an den Probanden, in der Druckkammer geht es auf eine Höhe von 5.500 Metern, und im Psychologielabor muss unter Stress ein Shuttle an die Internationale Raumstation angedockt werden. In der neuen Forschungsanlage ":envihab" des Deutschen Zentrums für Luft- und (DLR) und seinen acht Modulen steht auf 3.500 Quadratmetern der Mensch, seine Gesundheit und seine Leistungsfähigkeit im Mittelpunkt.

"In dieser Kombination und mit diesen Möglichkeiten ist das :envihab weltweit einzigartig", betont Prof. Rupert Gerzer, Leiter des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin. Dabei haben die Wissenschaftler nicht nur die Astronauten im Blick, sondern auch die Menschen auf der . "Was den Astronauten leistungsfähig erhält, hilft auch dem Patienten am Boden – und umgekehrt."

mit künstlicher Schwerkraft

Das Zentrum der Anlage lässt seinen Inhalt schon von außen erahnen: Kreisrund ist der Raum, in dessen Innerem sich die Kurzarm-Humanzentrifuge dreht und für den Probanden eine künstliche Schwerkraft erzeugt. Während die Astronauten im schwebend arbeiten und forschen, bauen sich ihre Knochen und Muskeln ab, die Leistungsfähigkeit ihres Kreislaufs lässt ohne die Schwerkraft der nach, und das Immunsystem schwächelt – die Schwerkraft bei einer Zentrifugenfahrt könnte diesen Veränderungen des Körpers entgegenwirken. "In welchem Umfang und wie das funktionieren könnte, wollen wir mit Studien auf der Zentrifuge herausfinden", sagt Institutsleiter Gerzer.

Bei der Fahrt kann eine künstliche Schwerkraft bis zum Sechsfachen der Erdgravitation auf den Probanden wirken. Dabei warten auf diesen noch weitere Aufgaben: Unter anderem kann er auf einem Trainingsrad oder einer Sprungplatte Übungen machen, die unter Umständen die Wirkung der Zentrifugenfahrt noch verstärken. Gleich mehrere Kameras beobachten dabei die Bewegungsabläufe. Weltweit einmalig ist die Möglichkeit, während der Fahrt ein Ultraschallgerät mit einem Roboterarm über den Probanden zu steuern und das Herz zu beobachten. "Wir werden zunächst Studien durchführen, mit denen wir ganz exakt diese Untersuchungsmöglichkeiten kennenlernen und nutzen." Ziel ist es, in Zukunft eine maßgeschneiderte Zentrifuge für das Astronautentraining ins zu bringen.

Die entwickelten Gegenmaßnahmen wirken aber auch gegen den Knochen- und Muskelabbau, der auf der Erde unter anderem nach längerer Bettlägerigkeit oder im Alter entsteht. Im Bild zu sehen ist die Kurzarm-Humanzentrifuge, die es ermöglicht, die Wirkung erhöhter Schwerkraft zu erforschen.

Einfluss von Licht und Ruhenpausen auf den Biorhythmus

In direkter Nachbarschaft zur Zentrifuge befinden sich die weiteren Module. Im Schlaflabor werden in Zukunft mehrwöchige oder mehrmonatige Bettruhestudien durchgeführt werden. Unter exakt kontrollierten Umweltbedingungen können bis zu zwölf Probanden untergebracht werden. Luftfeuchtigkeit, Sauerstoff-, Stickstoff- und Kohlendioxidgehalt, Umgebungslicht oder auch Temperatur können dabei genau festgelegt und je nach Studie eingestellt werden. Spezielle Lichtdecken ermöglichen zudem Untersuchungen mit verschiedenen Wellenlängen.

"Astronauten sind ebenso Schichtarbeiter wie Arbeiter in einer Produktion oder Krankenschwestern und Ärzte im Nachtdienst", sagt Prof. Rupert Gerzer. Studien, die untersuchen, welche Lichtwellen sich günstig auf den Rhythmus von Schichtarbeitern auswirken, nutzen somit den Arbeitern im und auf der Erde. Weitere Studien werden sich beispielsweise mit dem Knochen- und Muskelabbau, der zirkadianen Rhythmik oder den Auswirkungen unterschiedlicher Ernährung beschäftigen.

Positronen-Strahlung ermöglicht Blick in Körper und Gehirn

Zu den Einrichtungen der Forschungsanlage :envihab gehört auch ein Gerät zur Positronen-Emissions- und zur Magnetresonanztomographie. Mit diesen Verfahren können die Wissenschaftler gleich vor Ort – nur wenige Meter von Einrichtungen wie dem Schlaflabor oder der Zentrifuge – untersuchen, wo zum Beispiel der menschliche Körper Natrium einlagert, wie hoch Wasser- und Fettanteil sind oder auch wie der Körper durchblutet wird. Möglich ist es auch, Neurorezeptoren im Gehirn und Prozesse, die damit in Verbindung stehen, sichtbar zu machen. "Der kurze Weg von Probandenzimmer bis zum MRT garantiert, dass sich während des Transports die gewählten Umweltbedingungen und auch die Lage des Probanden nicht ändern."

Im Präventions- und Rehabilitationslabor untersuchen die Wissenschaftler das Herz-Kreislauf-System und den Bewegungsapparat des Menschen, aber auch die Auswirkungen der atmosphärischen Bedingungen auf den Körper: In der Druckkammer werden dazu Bedingungen geschaffen, die Höhen bis zu 5.500 Metern Höhe simulieren. Das Physiologielabor dient der Entwicklung von Maßnahmen gegen die negativen Auswirkungen der . Dazu stehen verschiedene Geräte zur Verfügung, um beispielsweise die Muskelkraft und -leistung zu messen. Das angrenzende Biologielabor bietet zudem mehrere Labore für die Analyse von mikrobieller Keimbelastung oder auch für die Vorbereitung biologischer Weltraumexperimente.

Die Forschungsanlage :envihab in der Bilderreihe: Zur Anlage gehören unter anderem eine Zentrifuge, ein Schlaflabor, ein MRT-Gerät sowie eine Druckkammer.

Leistung von Astronauten unter extremer Stresseinwirkung

Der Psyche des Menschen widmen sich die Studien im Psychologielabor: Wie reagieren Menschen, wenn sie unter Stress komplexe Aufgaben erledigen sollen? Welche Auswirkungen hat zum Beispiel eine Langzeitmission durchs All auf die Astronauten, die auf engstem Raum und mit wenig Kontakt zur Außenwelt miteinander leben und arbeiten? Auch hier sind die Forschungsergebnisse für Astronauten und die Menschen auf der Erde wichtig. "Bei manchen Arbeiten ist Teamarbeit unter extremem Stress notwendig – und nicht anders arbeiten teilweise die Astronauten in der Raumstation", erläutert DLR-Institutsleiter Prof. Rupert Gerzer.

Erste Studien werden dazu dienen, die Geräte und Anlage des :envihab kennenzulernen. Anschließend steht eine zweimonatige Bettruhestudie an. "Mögliche Nutzer unserer Anlage sind nicht nur die Wissenschaftler des DLR, sondern auch internationale Raumfahrtagenturen oder Universitäten." In Zukunft werden auch die europäischen Astronauten nach ihrer Rückkehr aus dem All in der Kölner Forschungsanlage ihre ersten Untersuchungen absolvieren. "Im :envihab wird für die , aber auch für Anwendungen auf der Erde geforscht – und beide werden davon profitieren."

Bilder und Quelle: DLR

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