GRACE-Follow-On: neue Waage des Planeten

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Nach einer erfolgreichen einjährigen Testkampagne von Airbus bei IABG in Ottobrunn bei werden die Zwillingssatelliten GRACE-FO (Gravity Recovery and Climate Experiment Follow-On) in Kürze zu ihrem Startplatz in Kalifornien geflogen.

Die seit 2002 im All befindlichen deutsch-amerikanischen GRACE-Satelliten sind als einzige in der Lage, Massentransporte im System Erde zu beobachten. Beispiele dafür sind Veränderungen im kontinentalen Wasserhaushalt, das Abschmelzen von Eis in den Polargebieten und in großen Inlandgletschern oder Massenverlagerungen nach Erdbeben. Die Mission GRACE-FO ist notwendig, da die aktuellen Satelliten von GRACE bald ihren Dienst aufgeben und in der Atmoshäre verglühen.

Wissenschaftsmission GRACE und GRACE-FO

GRACE war eine gemeinsame Mission der und des DLR. Die GRACE-„Zwillinge“ wurden von Airbus Defence and Space (vormals Astrium) in gebaut. Dort entstanden auch die Nachfolger für die Mission „GRACE Follow-On“.

Die deutsch-amerikanische Wissenschaftsmission „GRACE“ (Gravity Recovery and Climate Experiment) zur genauen Vermessung des Erdschwerefelds geht nach mehr als 15 Jahren geht dzu Ende. Seit ihrem Start am 17. März 2002 an Bord einer Rockot-Rakete vom russischen Kosmodrom in Plesetsk waren die beiden Zwillingssatelliten „GRACE-1“ und „GRACE-2“ in engem „Verfolgungsflug“ in der Erdumlaufbahn unterwegs, und haben genau dokumentiert, wie sich das Schwerefeld der Erde im Zeitverlauf verändert.

Die GRACE-Mission war für fünf Jahre geplant, hat aber für mehr als 15 Jahre sehr erfolgreich – dreimal länger als ursprünglich vorgesehen – funktioniert. Die beiden GRACE-Satelliten haben wissenschaftliche Daten geliefert, die das Verständnis von den geophysikalischen Vorgängen der Erde neu geprägt haben. Die wissenschaftliche Datenauswertung oblag dem Zentrum für der Universität Texas in Austin und dem Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum.

Die Erde wurde aus dem All gewogen

  Denn GRACE basierte als eine der wenigen Erdbeobachtungsmissionen nicht auf von der Erde ausgesandter oder reflektierter elektromagnetischer Strahlung wie Licht oder Radiowellen, sondern auf der Messung von relativem Abstand und Geschwindigkeit der beiden Satelliten mithilfe von Mikrowellen; Werte, aus denen auf die lokale Gravitation und auch Veränderungen der Gravitation geschlossen werden kann.

Die Wissenschaftler konnten sozusagen wiegen, um welche Massen die Kontinente von einem Monat zum anderen abnehmen oder zunehmen. Das ermöglichte die quantitative Bestimmung zahlreicher Auswirkungen des Klimawandels, etwa der Gletscherschmelze in Grönland und der Antarktis, des Grundwasser-Rückgangs in Indien und Kalifornien und leistete einen unverzichtbaren Beitrag zur Modellierung des Meeresspiegel-Anstieges.

Batterien fielen aus – Missionsende

Verantwortlich für den Betrieb der beiden GRACE-Satelliten war das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum beim DLR in mit seinen Bodenstationen in Weilheim und Neustrelitz: Der Ausfall der achten von insgesamt 20 Batteriezellen an Bord von GRACE-2 reduzierte die Kapazität der Batterie nun so sehr, dass eine wissenschaftliche Nutzung des Satelliten wirklich nicht mehr möglich sei, erklärt GRACE-Missionsmanager Sebastian Löw. Insbesondere in Flugphasen ohne direkte Sonneneinstrahlung reichten die Energiereserven jetzt nicht mehr aus, um Reboots des „On Board“-Computers und damit verbundene Kommunikationsausfälle zu vermeiden. Die Batterie ist eine entscheidende Ressource für die lange Missionsdauer. Sie zeigte 2013, nach mehr als zehn Jahren im Orbit, erste Alterserscheinungen.

Nachdem im September 2017 bereits eine siebte Zelle ausgefallen war, wurde beschlossen, Anfang Oktober noch einmal zu versuchen, GRACE 2 für den wissenschaftlichen Betrieb zu präparieren. Man hätte die Satelliten dann in einem sogenannten Full Sun Orbit gefahren, der einen Betrieb auch mit einer stark geschwächten Batterie möglich gemacht hätte, so Löw. Einige Tage vor Erreichen dieser Phase fiel jedoch eine weitere Zelle aus. Daraufhin haben die Hauptwissenschaftler (PI’s), Prof. Byron Tapley von der Universität Austin, und Prof. Frank Flechtner vom GFZ, die GRACE-Mission für beendet erklärt. GRACE-1 wird jetzt noch letzte Tests durchführen, bevor auch er in den kommenden Wochen kontrolliert außer Betrieb genommen werden wird.

Menschliche Einfluss aufs Schwerefeld

Die Satelliten zur Messung des Erdschwerefelds sollen künftig die ständige Bewegung des Wassers sowie der Eis- und Landmassen aufgrund von wechselnden Jahreszeiten, Wetter- und Klimaprozessen, Erdbeben und sogar menschlicher Aktivitäten verfolgen. GRACE-Daten können beispielsweise genutzt werden, um weltweit Grundwasserentnahmen aufzudecken, Dürren und Fluten zu beobachten, hydrologische Modelle zu verbessern und die Auswirkungen des Abschmelzens von Inlandgletschern und Polareis auf den Anstieg des Meeresspiegels genau zu quantifizieren.

Im Frühjahr 2018 soll die Nachfolgemission GRACE Follow-On mit einer Falcon 9-Rakete der US-Firma vom kalifornischen Vandenberg starten. Diese führt die Messung von Abstand und relativer Geschwindigkeit zwischen den beiden Satelliten weiter. Dies geschieht wie schon bei GRACE mithilfe von Mikrowellen, wird aber durch eine zusätzliche Messung mit Lasern ergänzt, was die Genauigkeit weiter erhöhen soll.

In der Testkampagne wurden sie Bedingungen ausgesetzt, die denen beim Start und in der erdnahen Umlaufbahn entsprechen. Die jeweils 600 Kilogramm schweren Satelliten werden im Dezember zum kalifornischen Startplatz, der Vandenberg Air Force Base, geflogen, wo die letzten Startvorbereitungen anlaufen. Die Mission der Zwillingssatelliten soll voraussichtlich wieder mindestens fünf Jahre dauern.

Messung, Technologieerprobung und Klimadaten in einem

Das Projekt ist eine Partnerschaft zwischen dem in Pasadena, Kalifornien, ansässigen Jet Propulsion Laboratory der und dem Potsdamer Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ). Die beiden GRACE-FO-Forschungssatelliten werden in eine polare Umlaufbahn gestartet und sollen die Erde in einem Abstand von 220 Kilometern zueinander in rund 500 Kilometern Höhe umrunden. Die beiden Satelliten messen dann ständig und sehr genau die Änderungen des Abstands, den sie zueinander haben. Zudem erstellen sie monatliche Karten der Veränderungen des Erdschwerefeldes, die zur Verfolgung der monatlichen Bewegung von Wasser, Eis und Landmassen genutzt werden.

Ein GPS-Empfänger (Global Positioning System) und eine Mikrowellenverbindung messen den Abstand zwischen den beiden Satelliten mit einer Genauigkeit von wenigen Tausendstel Millimetern, während ein empfindlicher Beschleunigungsmesser nicht-gravitative Effekte wie Atmosphärenreibung und Sonneneinstrahlung erfasst. Die GRACE-FO-Satelliten führen zusätzlich hochgenaue Abstandmessungen per Laser durch – als Technologieexperiment in deutsch-amerikanischer Zusammenarbeit entwickelt für künftige Generationen von Gravitationsforschungssatelliten. Außerdem erstellt jeder der beiden Satelliten täglich bis zu 200 Profile der Temperaturverteilung und des Wasserdampfgehalts in der und der Ionosphäre zur Verbesserung der Wettervorhersage.

Ersatz muss her

Die Erfassung langer Zeitreihen ist für statistisch signifikante Aussagen über eventuelle Klimaveränderungen und -schwankungen unerlässlich. Die Mission GRACE-FO wird diese mit der Vorgängermission GRACE begonnene Arbeit fortsetzen und wichtige Beobachtungsparameter zur Beschreibung des Klimasystems (Essential Climate Variables – ECVs) erfassen.

GRACE-2 fliegt derzeit (Stand: 25. Oktober 2017) in 302 Kilometern Höhe knapp 3.800 Kilometer vor GRACE-1. Der Satellit wird durch den Widerstand der Restatmosphäre ohne Treibstoff schnell absinken. Ein Kollisionsrisiko mit GRACE-1 besteht jedoch nicht. Die Flugbahn von GRACE-2 stellt auch keine Gefahr für andere aktive Satelliten dar, betonen DLR und NASA. Man will den Kontakt zum Satelliten bis kurz vor Wiedereintritt in die halten.

NASA und DLR wollen gemeinsam überwachen, wie GRACE-2 in die Atmosphäre zurückkehrt und dort nahezu vollständig verglüht. Beide GRACE-Satelliten sind entsprechend der NASA-Bestimmungen so gebaut, dass sie beim Wiedereintritt in die Atmosphäre auseinanderfallen und fast vollständig verglühen.

Auf den Bildern

Künstlerische Darstellung der GRACE-Satelliten und der Erde GRACE: Mehr als 15 Jahre lang dokumentierten die deutsch-amerikanischen Zwillingssatelliten GRACE-1 und GRACE-2 Veränderungen des Erdschwerefeldes und lieferten damit wertvolle Daten zum besseren Verständnis des Systems Erde, aber auch zu konkreten Auswirkungen des Klimawandels. „GRACE-1“ und „GRACE-2“ waren in engem „Verfolgungsflug“ in der Erdumlaufbahn unterwegs, und haben genau dokumentiert, wie sich das Schwerefeld der Erde im Zeitverlauf verändert.

GRACE-Kontrollraum beim DLR in GRACE Prozent2dKontrollraum: Das Archivbild zeigt den GRACE-Kontrollraum beim Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum beim DLR. Von hier aus wurden die beiden Satelliten GRACE-1 und GRACE-2 mehr als 15 Jahre lang erfolgreich gesteuert.

Die Satelliten im Reinraum-Labor beim Hersteller Airbus DS.