Heute vor 75 Jahren, am 27. August 1939, flog das erste Düsenflugzeug der Welt mit einem Strahltriebwerk des deutschen Luftfahrtpioniers Hans-Joachim Pabst von Ohain. Von Ohain studierte an der Georg-August-Universität in Göttingen Physik und forschte dort bereits an dem neuen Antriebssystem für Flugzeuge.
Zusammen mit dem Automechaniker Max Hahn baute er den ersten Prototypen (zweites Bild) in der Werkstatt Bartels und Becker in der Reinhäuser Landstraße, und führte im Physikalischen Institut in der Bunsenstraße die ersten Versuche im Innenhof durch.
Die Koordinatorin der Bundesregierung für die deutsche Luft– und Raumfahrt und Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Brigitte Zypries, sagt hierzu: "Dem deutschen Physiker Hans-Joachim Pabst von Ohain gelang es heute vor 75 Jahren, die Luftfahrt zu revolutionieren. Mit dem Düsentriebwerk wurde eine schnelle und bequeme Luftfahrt möglich, die aus der heutigen Wirtschafts- und Reisewelt nicht mehr wegzudenken ist.
Die von Pabst von Ohain entwickelten Triebwerkstechnologien sind der Ausgangspunkt für den technologischen Fortschritt in der Luftfahrt. Heute arbeiten Forscher in der Industrie daran, die Triebwerke effizienter, umweltverträglicher und ressourcenschonender zu machen. Diese Forschung fördert das Bundeswirtschaftsministerium mit dem Luftfahrtforschungsprogramm."
Technische Meisterleistung für die moderne Gesellschaft
"Die Entwicklung des Strahltriebwerks war wieder ein Beispiel, wie Nationen und Völker über Technologien und Forschung näher zueinander zu bringen sind. Auch wenn die Zeit, in der diese technische Meisterleistung erfolgte, die Ambivalenz von Technik, Gesellschaft und Politik gezeigt hat", kommentiert Prof. Dr.-Ing. Jan Wörner, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Zentrums für Luft– und Raumfahrt (DLR).
"In den vergangenen 75 Jahren hat die Luftfahrt eine Entwicklung genommen, die damals unvorstellbar war. Deshalb ist es eine der Aufgaben des DLR, das System Luftverkehr zu erforschen, weiterzuentwickeln und Vorschläge zu unterbreiten, die das Funktionieren dieses Systems auch in der Zukunft gewährleisten, als eine der Säulen unserer modernen, mobilen Gesellschaft."
Heinkel He 178 flog erstmals mit Düsenantrieb
Der Flugzeugkonstrukteur und Unternehmer Ernst Heinkel stellte von Ohain nach seinem Studium ein und finanzierte die Entwicklung eines Versuchsflugzeugs mit Düsenantrieb. Mit einer kleinen Entwicklungsgruppe schuf von Ohain das Düsentriebwerk He S 3 B, mit dem das Versuchsflugzeug He 178 am 27. August 1939 – wenige Tage vor Beginn des Zweiten Weltkriegs – vom Heinkel-Werksflugplatz Rostock-Marienehe zum ersten Düsenflug der Welt startete.
Das Vorhaben erhielt keine staatliche Unterstützung durch das Reichsluftfahrtministerium. Heinkel selbst bleibt als Rüstungsunternehmer im Dritten Reich eine streitbare Figur, seine Werke setzten, ebenso wie viele andere Flugzeugfirmen, auch Häftlinge aus Konzentrationslagern und Zwangsarbeiter ein.
Von Ohain und Brite Whittle die Väter des Jettriebwerks
Von Ohain war einer der Väter der Düsenantriebstechnologie, seiner Triebwerksentwicklung gelang der Erstflug. Frank Whittle aus dem Vereinigten Königreich gilt ebenfalls als Vater des Jettriebwerks und arbeitete seit 1930 auch an der Entwicklung eines Turbostrahltriebwerks. Beide Pioniere waren nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA tätig und wurden 1991 mit dem renommierten Draper-Preis der National Academy of Engineering geehrt. 1992 erhielt von Ohain mit dem "Ludwig-Prandtl-Ring" die höchste Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR).
Nach Kriegsende revolutionierte die neue Antriebstechnik auch die zivile Luftfahrt. Noch heute wird die durch Hans von Ohain entwickelte Technologie des Strahltriebwerks mit den Komponenten Laufrad, Verdichter, Brennkammer, Turbine und Schubdüse verwendet. Flugreisen wurden mit dem Jet-Antrieb schneller und die leistungsstarken Jettriebwerke erlaubten immer größere Passagierzahlen pro Flugzeug, längere Reichweiten sowie geringeren Verbrauch und damit auch sinkende CO2-Emissionen.