Forscher des Deutschen Zentrums für Luft– und Raumfahrt (DLR) in Göttingen haben eine Möglichkeit gefunden, Hubschrauber manövrierfähiger zu machen. In einem weltweit einmaligen Windkanal-Experiment haben sie durch Löcher in den Rotorblättern Luft ausgeblasen und damit die Strömung aktiv beeinflusst.
Dem Rotor verdankt der Hubschrauber seine besondere Fähigkeit, senkrecht starten und landen zu können. Er bringt aber gleichzeitig aerodynamische Nachteile mit sich. An dem Blatt des Hauptrotors eines Hubschraubers, das sich gerade nach hinten bewegt, reißt im schnellen Vorwärts- oder Manöverflug die Luftströmung ab – es kommt zum so genannten „Dynamic Stall“. Dadurch entstehen Wirbel, Auftrieb geht verloren und große Kräfte wirken auf den Rotor. Der Luftwiderstand erhöht sich und die Steuerstangen am Rotorkopf sind enormen Belastungen ausgesetzt.
Gummihammer statt Vorschlaghammer
"Das ist, als ob jemand mit einem Vorschlaghammer auf den Rotor schlägt", erklärt Dr. Anthony Gardner vom DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik. Die Folge: Die Höchstgeschwindigkeit und die Manövrierfähigkeit von Hubschraubern werden begrenzt, besonders in großen Flughöhen.
Die Idee der Göttinger Forscher wirkt wie eine Art aerodynamischer Dämpfer für die Hubschrauberrotoren: Durch kleine Löcher im Rotor wird Luft nach außen gedrückt. Dies vermindert die Stärke der schädlichen Verwirbelungen beim Strömungsabriss. Die auf den Rotor wirkenden Nickmomente, die die Leistung einschränken, können so deutlich verringert werden. "Bei schwierigen Flugmanövern könnte der Pilot es kurzzeitig einschalten." Dann, so Gardner, schlägt die Aerodynamik quasi nicht mehr mit einem Vorschlaghammer, sondern nur noch mit einem Gummihammer auf den Rotor.
Einmaliges aerodynamisches Experiment – Supercomputer nötig
Die Idee, die Aerodynamik von Flugzeugen durch Ausblasen von Luft aktiv zu beeinflussen, ist nicht neu. Bereits in den 40er Jahren beschäftigten sich Göttinger Forscher damit. Jetzt haben ihre Nachfolger erstmals erfolgreich nachgewiesen, dass die Idee bei Hubschraubern funktioniert – in einem Windkanalexperiment unter realistischen Bedingungen. "Dieses Experiment ist das Aufwendigste, das bisher weltweit auf dem Gebiet der Dynamic-Stall-Kontrolle stattgefunden hat", sagt Dr. Kai Richter vom DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik. Er leitet das Projekt STELAR (Stall and Transition on Elastic Rotor Blades), das zusammen mit dem DLR-Institut für Aeroelastik durchgeführt wurde.
Vor kurzem hatten die Göttinger DLR-Forscher bereits eine passive Strömungsbeeinflussung getestet, bei dem die Beulen des Buckelwals als Vorbild dienten. "Erst in jüngster Zeit haben wir die Computerpower um zu berechnen, wie ein solches Windkanalmodell aussehen muss", so Gardner. Die scheinbar einfache Frage, wie groß Abstand und Größe der Löcher sein müssen, um einen positiven Effekt zu erzielen, konnte mit Hilfe der Supercomputer des DLR geklärt werden.