Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mitfinanzierte Stratosphärenflugzeug "High Altitude and Long Range Research Aircraft" (HALO) ist startbereit. Bundesforschungsministerin Professor Annette Schavan übergibt die Forschungsplattform am Montag, dem 20. August 2012, in Oberpfaffenhofen an die Wissenschaft. Die DFG unterstützt das Projekt seit 2007 mit ihrem Schwerpunktprogramm "Atmospheric and Earth System Research with the High Altitude and Long Range Research Aircraft" mit knapp 15 Millionen Euro.
Diese Förderung ermöglicht den am Schwerpunktprogramm beteiligten deutschen Universitäten die vielfältige Nutzung der Messstation. HALO soll der Erdsystemforschung neue Dimensionen eröffnen und vor allem zu einem besseren Verständnis von Klimaprozessen führen.
Breite Förderung für Forschung in neuen Dimensionen
Neben der DFG fördern das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die Helmholtz-Gemeinschaft, die Max-Planck-Gesellschaft, die Leibniz-Gemeinschaft, der Freistaat Bayern, die Forschungszentren Jülich und Karlsruhe, das Deutsche GeoForschungsZentrum (GFZ) sowie das Deutsche Zentrum für Luft– und Raumfahrt (DLR) HALO als Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungseinrichtungen. Betreiber ist das DLR, die Federführung der Flugmissionen liegt bei zahlreichen Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die untereinander und mit Forschungspartnern im Ausland kooperieren.
HALO ist ein weltweit einzigartiges Forschungsflugzeug, das Höhen bis 15,5 Kilometern und Reichweiten von über 8.000 Kilometern erzielt. Es kann bis zu zehn Stunden in der Luft bleiben und alle Regionen der Erdatmosphäre erreichen – von den Polen bis zu den Tropen. Sein Potenzial als zentrales Werkzeug in den Bereichen Geophysik, Geodäsie, Geologie und allgemeiner Erdbeobachtung hat die Plattform bereits bei ersten Testmissionen bewiesen. Ihre wissenschaftlichen Einsätze befassen sich beispielsweise mit klimarelevanten Fragestellungen wie luftchemischen Prozessen, die sich auch wegen steigender Schadstoffemissionen auf der Erde und durch Flugzeuge verändern.
Bindeglied zur Validierung von Fernerkundung und Satellieten-Daten
Die Messgeräte an Bord identifizieren und quantifizieren Luftbestandteile wie Aerosole oder Treibhausgase in der Troposphäre und unteren Stratosphäre. Diese beeinflussen unter anderem Klimaveränderungen, extreme Wetterereignisse, Ozonstörungen und den atmosphärischen Energiehaushalt. Die Erkenntnisse fließen in Klimaprognosen und Atmosphärenmodelle ein. Für eine Reihe von Weltraummissionen könnte HALO weltraumbasierte Daten mit denen der Atmosphäre verbinden sowie Fernerkundungsmethoden erproben und validieren.
"Dank HALOs großer Reichweite und Nutzlast können wir zukünftig wesentlich größere Missionen starten und dabei auf zahlreiche Zwischenstopps verzichten, die viel Geld und Zeit kosten. Außerdem ermöglicht die Gipfelhöhe des Flugzeugs erstmalig die Analyse der tropischen Tropopausenregion. So erwarten wir ein besseres Verständnis von Erdsystemforschung und Klimawandel", sagt Professor Joachim Curtius vom Institut für Atmosphäre und Umwelt der Universität Frankfurt, der das DFG-Schwerpunktprogramm koordiniert.
Flugzeuge als Forschungsplattformen schließen die Lücke zwischen Beobachtungsstationen auf der Erde und Satelliten im Orbit. Sie können in der Atmosphäre gezielt Regionen anfliegen und dort messen. Diese Möglichkeiten erweitert HALO einerseits durch die erreichbaren Höhen und durch seine Nutzlast von drei Tonnen. An Bord befinden sich modernste Messinstrumente.
Neue Missionsszenarien stehen an – Basis auf Business-Jet G 550
Das Konzept für eine solche Atmosphärenforschung mit Flugzeugen entwickelten Vertreter wichtiger deutscher Forschungseinrichtungen bereits im Jahr 2000. Fünf Jahre später unterzeichnete das DLR den Vertrag über den Bau von HALO. Das Flugzeug basiert auf dem Ultra-Long Range Business Jet G 550. Nach einer Ausschreibung 2006 begann im Folgejahr die Förderung der DFG zur Vorbereitung künftiger Missionen. Nach der Fertigstellung 2009 startete HALO bereits 2010 zu vorbereitenden Messflügen im Rahmen der sogenannten Technomission.
Im Juni 2012 folgte der erste Flug zur "Geophysikalischen Untersuchung des Mittelmeeres mit dem Forschungsflugzeug HALO" (GEOHALO). Ziel dieses Projekts ist ein besseres Verständnis der Plattentektonik und der Mechanismen von Erdbeben. GEOHALO ist das erste geodätisch-geophysikalische Projekt mit HALO und hat damit auch Pilotwirkung für Nachfolgeprojekte, wie eine geplante Mission über der Antarktis.
Bis 2015 hoffen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Realisierung von mehr als zehn weiteren Projekten. Eine davon ist die von der Universität Frankfurt im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms koordinierte Mission "Transport and Composition in the Upper Troposphere/Lowermost Stratosphere" (TACTS). Sie soll die chemische Zusammensetzung in der Tropopause analysieren, wo sich Luftmassen aus Troposphäre und Stratosphäre mischen, die verschiedene Substanzen enthalten. Diese Transportprozesse wirken sich auf Klimaveränderungen aus.
Fotos: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)