Auf einem Flug von der Insel Rügen nach Reichelsheim war ein Luftfahrzeug Cessna 182 Q auf dem Brocken (Harz) mit einer Messeinrichtung der Wetterstation kollidiert, zu Boden gestürzt und ausgebrannt. Beide Insassen des Luftfahrzeuges waren dabei tödlich verletzt worden.
Identifikation
- Art des Ereignisses: Unfall
- Datum: 11. April 2014
- Ort: Brocken (Harz)
- Luftfahrzeug: Flugzeug
- Hersteller / Muster: Cessna Aircraft Company / Cessna 182 Q
- Personenschaden: zwei Personen tödlich verletzt
- Sachschaden: Luftfahrzeug zerstört
- Drittschaden: Flurschaden
Ereignisse und Flugverlauf
Der Luftfahrzeugführer plante einen Sichtflug (VFR) vom Verkehrslandeplatz Rügen (EDCG) nach Reichelsheim (EDFB), um einen Geschäftstermin wahrzunehmen. Der am Startflugplatz diensthabende Flugleiter und ehemalige Fluglehrer des Luftfahrzeugführers riet ihm unmittelbar vor dem Start aufgrund der Wetterlage nicht direkt zum Zielflugplatz zu fliegen, sondern eine Flugroute über Braunschweig zu wählen.
Um 07:01 Uhr startete der Luftfahrzeugführer in Begleitung einer weiteren Person vom Verkehrslandeplatz Rügen. Der erste Funkkontakt zwischen dem Luftfahrzeugführer und Bremen Information war um 05:09:20 UTC. Zu dieser Zeit flog das Luftfahrzeug in 2.000 ft AMSL. Der Pilot teilte Bremen Information mit, dass er auf 4.000 ft AMSL steige und erreichte diese Flughöhe um 05:16:47 UTC.
Nach dem Verlassen des ersten Zuständigkeitsbereiches und einem Frequenzwechsel auf 119,825 MHz meldete sich der Pilot in einer Flughöhe von 4.500 ft AMSL erneut bei Bremen Information. Um 06:31:13 UTC informierte der Luftfahrzeugführer Bremen Information darüber, dass er die Flughöhe verlasse und beabsichtige auf 2.000 ft AMSL zu sinken. Der Fluglotse bestätigte dies mit der Übermittlung des Luftdruckes (QNH) von 1.019 hPa.
Um 06:35:08 UTC informierte der Luftfahrzeugführer den Fluglotsen, dass er in 3.000 ft AMSL bleibe, denn hier sei die Sicht okay. Dieser Kontakt mit dem Luftfahrzeugführer wurde um 06:35:13 UTC durch den Lotsen bestätigt. Ab 06:39:15 UTC wurde der Pilot mehrmals vom Fluglotsen gerufen, aber es kam keine Antwort.
Die Auswertung der lateralen Radarspur ergab, dass das Luftfahrzeug um 06:27:25 UTC um ca. 0,5 nautische Meilen (NM) von der Kurslinie nach links abgewichen war und diese um 06:29:00 UTC wieder erreicht hatte. Der weitere Flugverlauf bis zum Brocken verlief auf der Linie Rügen-Reichelsheim. Abb. 2 zeigt den Flugweg laut Radaraufzeichnung (Quelle: Flugsicherungsunternehmen/BFU).
Um 06:30:36 UTC verließ das Flugzeug die bis dahin eingehaltene Reiseflughöhe von konstant 4.100 ft AMSL, sank bis auf 2.775 ft AMSL und erreichte diese Höhe um 06:33:21 UTC. Im weiteren Flugverlauf begann das Luftfahrzeug um 06:35:31 UTC, ca. eine Minute nach dem letzten Funkkontakt mit Bremen, wieder zu steigen. In der nachfolgenden Skizze sind die letzten acht Minuten des vertikalen Flugverlaufes in Relation zum ansteigenden Gelände schematisch dargestellt (Vertikalprofil des Fluges anhand der Radardaten, Skizze: BFU).
Um 06:36:58 UTC kollidierte das Luftfahrzeug mit der rechten Tragfläche mit Messeinrichtungen auf dem Dach der Brocken-Wetterstation, prallte auf den Boden und brannte vollständig aus. Die zwei Insassen wurden tödlich verletzt. Abb. 3 zeigt die Unfallstelle (Google EarthTM-Kartenservice, BFU).
Angaben zu Personen
Der 38-jährige Luftfahrzeugführer war seit dem 27.08.2013 Inhaber einer EU- Pilotenlizenz gemäß Teil-FCL, ausgestellt nach den Richtlinien der ICAO. Er besaß die Berechtigung als verantwortlicher Pilot auf einmotorigen Landflugzeugen (SEP land), gültig bis 27.08.2015. Er war Inhaber eines Beschränkt gültigen Sprechfunkzeugnisses für den Flugfunk (BZF II). Sein flugmedizinisches Tauglichkeitszeugnis Klasse 2 war bis 26.08.2016 gültig.
Die Ausbildung zum Privatflugzeugführer wurde nach knapp zwei Jahren im August 2013 abgeschlossen. Unmittelbar nach seiner praktischen Prüfung am 09.08.2013 hatte er laut Luftfahrerakte eine Gesamtflugerfahrung von 47:14 Stunden. Seit September 2013 war er Eigentümer und Halter des verunfallten Luftfahrzeuges. Seine Flugerfahrung auf dem betroffenen Flugzeug betrug vor der Avionik-Umrüstung auf ein Glascockpit ca. 14 Stunden bei mindestens 15 Starts und Landungen. Nach der Umrüstung wurden drei Flüge mit ca. drei Stunden Dauer durchgeführt. Da das Bordbuch teilweise und das persönliche Flugbuch vollständig verbrannten, konnten die Flugzeiten nicht mehr komplett nachvollzogen werden. Angaben zum Luftfahrzeug
Das Flugzeug Cessna 182 Q ist ein 4-sitziger, einmotoriger, abgestrebter Schulterdecker in Ganzmetallbauweise mit festem Haupt- und Bugfahrwerk. Es war mit einem 6-Zylinder-Continental-O-470-U-Triebwerk mit 172 kW (230 PS) Leistung und einem verstellbaren Zweiblatt-Propeller ausgerüstet. Das 1980 gebaute Flugzeug war in Deutschland zum Verkehr zugelassen und wurde privat betrieben. Laut Wägebericht vom 08.10.2010 betrug die Leermasse 838 kg bei einer max. Abflugmasse von 1.338 kg. Die letzte Prüfung der Lufttüchtigkeit in Zusammenhang mit einer 200-Stunden-Kontrolle erfolgte am 15.11.2013. Die Gesamtbetriebszeit war zu diesem Zeitpunkt mit 2 933:16 Stunden bei 4.211 Starts und Landungen dokumentiert.
Die Avionik des Luftfahrzeuges wurde von November 2013 bis März 2014 auf ein Glascockpit umgerüstet. Laut Prüfbericht der elektronischen Ausrüstung vom 04.03.2014 verfügte das Luftfahrzeug über eine Flugsicherungsausrüstung für Flüge nach Instrumentenflugregeln (IFR). In dem Luftfahrzeug war ein 2-Achsen-Autopilot eingebaut. Abb. 4 zeigt den Blick ins Cockpit des umgerüsteten Luftfahrzeuges (Foto: Avionik East).
Meteorologische Informationen
Flugwetterübersicht
Die vom Deutschen Wetterdienst (DWD) herausgegebene Flugwetterübersicht des Bereiches Nord vom 11.04.2014, 06:00 Uhr UTC bis 18:00 Uhr UTC lautete:
Die wenig wetteraktive Warmfront eines Tiefs mit Kern über dem Nordmeer liegt anfangs im Osten des Vorhersagebereiches und zieht allmählich nach Polen ab.
Wettergeschehen für die Vorhersagebereiche GAFOR-Gebiete 00 bis 23:
In weiten Teilen des Vorhersagegebietes zeigt sich 3/8-7/8 Stratocumulus-Bewölkung (SCT / BKN SC) mit Untergrenzen zwischen 2.500 und 3.500 ft AMSL sowie Obergrenzen zwischen FL 060 und FL 080. Darüber tritt insbesondere in der Osthälfte und in der Mitte 3/8-7/8 Altocumulus- Bewölkung (SCT / BKN AC) zwischen FL 080 und FL 140 auf. In Schleswig-Holstein und entlang der Oder hat sich unter der Stratocumulus-Bewölkung eine 5/8-8/8 Stratus-Bewölkung (BKN / OVC ST) mit Basis zwischen 200 und 600 ft AGL und Obergrenzen zwischen 1.500 und 2.000 ft AMSL ausgebildet, die sich im Vormittagsverlauf allmählich auflöst. In Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und in Brandenburg kann es örtlich leichten Regen oder Sprühregen geben, auch dort können 3/8-7/8 Stratus-Bewölkung (SCT / BKN ST) mit Basis um 1.000 ft AGL auftreten.
Höhenwind:
1.500 ft AMSL 190/5 kt | 08 °C |
2.000 ft AMSL 190/5 kt | 07 °C⁞ |
3.000 ft AMSL 190/5 kt | 04 °C |
5.000 ft AMSL 330/5 kt | 00 °C |
Aktueller Luftdruck (QNH): 1 019 hPa
Nullgradgrenze: 4.500 ft AMSL – FL 055 und mäßige Vereisung oberhalb dieser Grenze.
Laut Information des DWD wurde dort vom Piloten keine individuelle Flugwetterberatung eingeholt. Inwieweit ein Selfbriefing über PcMet erfolgte, konnte nicht nachvollzogen werden. Abb. 5 zeigt die GAFOR Gebiete (Quelle: DWD / BFU).
Vorhersagezeitraum 08:00 – 10:00 UTC für die GAFOR-Gebiete:
11 (Mecklenburgisches Tiefland) Wolkenuntergrenze > 2.000 ft Sicht am Boden 8 – 10 km
13 (westliche Mecklenburgische Seenplatte Prignitz Wolkenuntergrenze > 2.000 ft Sicht am Boden 8 – 10 km
15 (Altmark) Wolkenuntergrenze > 2.000 ft Sicht am Boden 5 – 8 km
20 (Magdeburger Börde, nördliches Harzvorland) Wolkenuntergrenze > 2.000 ft Sicht am Boden 5 – 8 km
21 (Harz) Wolkenuntergrenze 500 – 1.000 ft Sicht am Boden 1,5 – 5 km
Wetterbedingungen zur Unfallzeit
Nach der Aussage eines Wetterdiensttechnikers herrschte zur Unfallzeit auf dem Brocken Nebel mit Sichtweiten von ca. 20 Metern. Das hochaufgelöste Satellitenbild von 07:45 Uhr zeigt kompakte, tiefe Bewölkung westlich einer Linie Eberswalde-Berlin-Leipzig. Östlich davon herrschte aufgelockerte Bewölkung vor. Die Unfallstelle am Brocken lag im Bereich dieser starken tiefen Bewölkung. Bei einer Bodentemperatur am Brocken von drei Grad Celsius befand sich die Nullgradgrenze in 5.300 ft. Abb. 6 zeigt das Satellitenbild (Quelle: DWD).
Navigationshilfen
Im Luftfahrzeug waren laut elektronischer Ausrüstungsliste GPS-Geräte (GARMIN GTN 650 und 750) eingebaut.
Funkverkehr
Die Umschrift des Sprechfunkverkehrs mit Bremen Information lag der BFU zur Auswertung vor.
Flugdatenaufzeichnung
Das Luftfahrzeug war nicht mit einem Flugdatenschreiber (FDR) oder einem Cockpit Voice Recorder (CVR) ausgestattet. Keiner der beiden Recorder war durch entsprechende luftrechtliche Regelungen gefordert. Die Aufzeichnung der Radardaten lag der BFU zur Auswertung vor.
Unfallstelle und Feststellungen am Luftfahrzeug
Die Endlage des Luftfahrzeuges befand sich auf einer Höhe von ca. 3.700 ft AMSL und ca. 125 Meter südwestlich der Brocken-Wetterstation im abschüssigen Gelände des Brockengartens. Die ersten Berührungsspuren waren an den Messeinrichtungen auf dem Dach der ca. 27 Meter hohen Wetterstation sichtbar. Die Messeinrichtungen selbst befanden sich in einer Höhe von ca. 3.788 ft AMSL.
Darin hing das rechte Querruder des Flugzeuges. Das ca. ein Meter lange rechte Tragflächenaußenstück lag auf dem Dach der Wetterstation. Kleine Teile der hinteren Kabinenverglasung lagen in unmittelbarer Umgebung der Wetterstation auf dem Boden. Die Verteilung der Trümmerteile sowie die Beschädigungen, u.a. an der Nasenkante der linken Tragfläche, deuten darauf hin, dass das Luftfahrzeug in einem steilen Winkel am Boden aufschlug. Das Titelbild zeigt die Unfallstelle (Foto: BFU).
Die rechte Tür war aus dem Rumpf gerissen und lag ca. acht Meter in Aufschlagrichtung vom Hauptwrack entfernt. Das Triebwerk mit dem zertrümmerten Luftschraubenspinner steckte in Rückenlage in einem Winkel von ca. 30 Grad und ca. 0,5 Meter tief im Erdreich. Reste des durch Brandeinwirkung zerstörten Hecks waren zu erkennen. Die Steuerung war in diesem Bereich mit den Umlenkhebeln schlüssig verbunden. Das linke Hauptfahrwerk war durch Brandeinwirkung vollständig aus dem Flugzeugverband gelöst. Das zerstörte Instrumentenbrett mit den eingebauten Geräten lag im Bereich des Triebwerks und zeigte Spuren und Verschmelzungen durch Hitzeeinwirkung.
Medizinische und pathologische Angaben
Beide Insassen waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt und wurden durch den Abgleich von DNA identifiziert. Eine Obduktion des Piloten wurde nicht durchgeführt.
Brand
Die Freiwillige Feuerwehr Schierke wurde um 08:50 Uhr alarmiert. Neun Minuten später rückte die Feuerwehr aus. Sie erreichte den Unfallort um 09:15 Uhr und begann mit der Brandbekämpfung. Bis auf abgerissene Teile der rechten Tragfläche, einen Teil der linken Tragfläche und die linke Tür brannte das Luftfahrzeug vollständig aus.
Überlebensaspekte
Aufgrund der bei dem Aufprall auf den Boden erlittenen Verletzungen war der Unfall für die Flugzeuginsassen nicht überlebbar.
Zusätzliche Informationen
Einer der Höhenmesser wurde aus dem Wrack geborgen. In der BFU wurde die Druckeinstellung im Seitenfester des Gerätes sichtbar gemacht. Abb. 7 zeigt den zerstörten Höhenmesser. Am Höhenmesser war ein Bezugsdruck von 1.019 hPa eingestellt.
Luftraumstruktur
Der Luftfahrzeugführer startete zu einem Flug nach Sichtflugregeln (VFR) im Luftraum G (Golf) bzw. E (Echo). In diesen Lufträumen müssen meteorologische Mindestvoraussetzungen gegeben sein. Der Luftraum G ist ein unkontrollierter Luftraum. Er erstreckt sich vom Boden (GND) bis 2.500 ft GND. Bei Flügen darf die Flugsicht nicht unter 1,5 km betragen, es muss Erdsicht vorhanden sein und die Wolken dürfen nicht berührt werden.
Der Luftraum E ist ein kontrollierter Luftraum, er erstreckt sich von 2.500 ft GND bis Flugfläche (FL) 100, die Flugsicht musste am Unfalltag mindestens 8 km betragen, der seitliche Abstand zu Wolken muss mindestens 1.500 Meter sein und ein vertikaler Abstand von 1.000 ft ist einzuhalten.
Sicherheitsmindesthöhen
In der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) § 6 sind die Sicherheitsmindesthöhen und deren Einhaltung definiert.
(1) Die Sicherheitsmindesthöhe darf nur unterschritten werden, soweit es bei Start und Landung notwendig ist. Sicherheitsmindesthöhe ist die Höhe, bei der weder eine unnötige Lärmbelästigung im Sinne des § 1 Abs. 2 noch im Falle einer Notlandung eine unnötige Gefährdung von Personen und Sachen zu befürchten ist. Über Städten, anderen dicht besiedelten Gebieten, Industrieanlagen, Menschenansammlungen, Unglücksorten sowie Katastrophengebieten beträgt die Sicherheitsmindesthöhe mindestens 300 Meter (1.000 Fuß) über dem höchsten Hindernis in einem Umkreis von 600 Metern, in allen übrigen Fällen 150 Meter (500 Fuß) über Grund oder Wasser. […]
[…]
(3) Überlandflüge nach Sichtflugregeln mit motorgetriebenen Luftfahrzeugen sind in einer Höhe von mindestens 600 Meter (2000 Fuß) über Grund oder Wasser durchzuführen, soweit nicht aus Sicherheitsgründen nach Absatz 1 Satz 2 und 3 eine größere Höhe einzuhalten ist. […]
Beurteilung
Das Luftfahrzeug war ordnungsgemäß zum Verkehr zugelassen, nachgeprüft und für Flüge nach Instrumentenflugregeln ausgerüstet. Der Luftfahrzeugführer war für die Durchführung des Fluges nach Sichtflugregeln ausreichend qualifiziert. Seine Gesamtflugerfahrung ist als gering und die Erfahrung auf dem umgerüsteten Muster als sehr gering einzuschätzen. In seiner Lizenz war keine Instrumentenflugberechtigung eingetragen. Diese Berechtigung ist aber für Flüge in Instrumentenwetterbedingungen (Instrument Meteorological Conditions, IMC) zwingend notwendig. Der Einflug in IMC ohne entsprechende Ausbildung kann schnell den Verlust der räumlichen Orientierung zur Folge haben. Die Ausrüstung des Luftfahrzeuges mit einem Autopiloten und deren Nutzung reicht zur Durchführung eines Fluges in IMC nicht aus.
Während der zur Unfallzeit herrschenden Wetterbedingungen gab es erhebliche Einschränkungen der Sichtflugbedingungen. Diese verschlechterten sich mit Annäherung an den Harz. Aus dem Funkverkehr mit Bremen Information geht hervor, dass der Luftfahrzeugführer durch Flughöhenwechsel bemüht war, Sichtflugbedingungen einzuhalten. Wie die Radaraufzeichnungen zeigten, versuchte der Pilot zwischen ca. 06:27 UTC und 06:29 UTC wahrscheinlich mit einer Kursabweichung nach links bessere Wetterbedingungen anzutreffen.
Da dieses vermutlich nicht gelang, leitete er im Anschluss einen Sinkflug ein und versuchte in ca. 2.775 ft AMSL Sichtflugbedingungen zu bekommen. Nach einem kurzen Horizontalflug leitete der Pilot wiederum einen Steigflug mit ca. 600 ft/min ein, ohne sich anscheinend darüber klar zu sein, dass die direkte Kurslinie von Rügen nach Reichelsheim genau über den Brocken mit 3.747 ft AMSL führte.
Das Luftfahrzeug wurde bis März 2014 auf ein Glascockpit umgerüstet. Die Flugerfahrung des Piloten auf einem Luftfahrzeug mit sehr komplexer Avionik war so gut wie nicht vorhanden. Es ist davon auszugehen, dass der Pilot nach dem Start mindestens eines der eingebauten GPS-Geräte im NAV-Modus betrieb und aufgrund der direkten Kurslinie anscheinend den Autopiloten aufgeschaltet hatte.
Der Pilot startete wahrscheinlich ohne ausreichende Flugvorbereitung und ausreichendes Wetterbriefing unter guten Sichtflugbedingungen und unter Termindruck zu diesem Flug. Bei einer umfangreichen navigatorischen Flugvorbereitung hätte der Pilot bemerken müssen, dass der Flugweg über den Brocken führt und eine entsprechende Sicherheitsmindesthöhe einzuhalten war.
Bei einer meteorologischen Flugvorbereitung hätte für den Piloten ersichtlich sein müssen, dass die Hochlagen im Harz in den Wolken waren. Das Bezugsniveau des GAFOR-Gebietes Harz liegt bei 2.300 Fuß. Bei einer Einstufung von Mike 8 (M8) bedeutet dies, dass in einer Höhe von 3.800 Fuß am Brocken Nebel mit aufliegender Bewölkung zu erwarten war. Oberhalb der Nullgradgrenze (5.300 Fuß) musste auch mit Vereisung gerechnet werden. Den Rat seines ehemaligen Fluglehrers, eine Route über Braunschweig zu wählen, ignorierte der Pilot, obwohl er aufgrund der zweifelhaften Wetterlage und abnehmenden Sichtflugbedingungen sich rechtzeitig zum Ausweichen oder zur Umkehr hätte entscheiden müssen.
Nach Aussagen von Zeugen lag der Nebel zum Zeitpunkt der Kollision des Luftfahrzeuges mit der Messeinrichtung am Boden auf. Aus diesem Grund hat der Pilot wahrscheinlich bis zum Aufprall auf dem Boden die Erdsicht nicht wiedererlangt. Mangelnde Flugvorbereitung, unzureichende eigene Wetterberatung, möglicherweise Termindruck, Fehlbeurteilung des aktuellen Wetters und der Einflug in Instrumentenwetterbedingungen bei einem Flug nach Sichtflugregeln waren die Begleitumstände, die zum Unfall geführt hatten. Denkbar ist auch, dass zusätzlich die neue, komplexe Avionik des Luftfahrzeuges den Piloten überforderte und der Verlust der Übersicht im Cockpit die Folge war.
Die Art der Zerstörung des Luftfahrzeuges und die Spuren am Boden deuteten darauf hin, dass das Flugzeug mit hoher Vorwärtsgeschwindigkeit und großer Längsneigung auf den Boden prallte.
Schlussfolgerungen
Der Flugunfall ist darauf zurückzuführen, dass der Pilot unter stark eingeschränkten Sichtflugbedingungen in das bergige Gelände des Harzes einflog und dabei die Hindernisfreiheit falsch einschätzte. Beim Unterschreiten der Sicherheitsmindesthöhe kam es zur Kollision mit Hindernissen und infolgedessen stürzte das Luftfahrzeug ab. Zum Unfall haben eine unzureichende Flugvorbereitung des Piloten und eine fehlerhafte Entscheidung beim Fliegen unter schlechten Sichtflugbedingungen beigetragen.
Alle angegebenen Zeiten, soweit nicht anders bezeichnet, entsprechen Ortszeit. Quelle und Bilder, sofern nicht anders angegeben: BFU.