Am 25.07.2013 überstellte die EU-Kommission dem Europäischen Parlament ihren Gesetzesvorschlag zu den neuen Flugdienstzeit-Regelungen, jedoch ohne ihn zuvor den Empfehlungen diverser wissenschaftlich-medizinischer Gutachten anzupassen. Der Vorschlag erreichte das Parlament somit knapp vor Beginn der vierwöchigen parlamentarischen Sommerpause.
Bedingt durch geschickte Planung diverser Sitzungstermine werden die wesentlichen Entscheidungen und Abstimmungen schon für Anfang/Mitte September 2013 erwartet. Somit verbleiben den Abgeordneten nur wenige Tage – statt der üblichen drei Monate – um sich mit dem umfangreichen und komplexen Thema zu beschäftigen.
VC: "Sicherheit dem Profit geopfert"
"Die EU-Kommission nutzt alle Möglichkeiten, um das äußerst umstrittene Gesetzesvorhaben durchzupeitschen.", so Ilja Schulz, Präsident der Vereinigung Cockpit e.V. (VC). "Da der Vorschlag der EU-Kommission nachweislich gegen wissenschaftliche Erkenntnisse verstößt, muss davon ausgegangen werden, dass auch in Zukunft übermüdete Piloten im Cockpit sitzen werden. Wir fordern das Parlament auf, das Gesetzesvorhaben abzulehnen, da hier Sicherheit dem Profit geopfert werden soll."
Bis zuletzt haben die mehr als 38.000 Piloten, die durch den europäischen Pilotenverband ECA vertreten werden, versucht, den Vorschlag zum Schutze der Passagiere und Besatzungen zu verbessern. Aber sowohl die Europäische Flugsicherheitsagentur EASA als auch die EU-Kommission haben sich den einstimmigen Empfehlungen der Wissenschaftler, nachts nicht mehr als zehn Stunden Flugdienstzeit zuzulassen, konsequent verweigert und auch eine Beschränkung der Bereitschaftszeiten mit anschließendem Flugdienst auf maximal 18 Stunden wiederholt abgelehnt.
Gegen wissenschaftliche Erkenntnisse – Blankoscheck für EASA
Unmissverständlich machte zuletzt der Müdigkeitsexperte Dr. Alexander Gundel, der in der Anhörung des EP-Verkehrsausschusses im Juni 2013 zu den Konsequenzen der Neuregelung befragt wurde, den Abgeordneten klar: "Wenn Sie sich für den vorgelegten Vorschlag entscheiden, dann entscheiden Sie gegen die Erkenntnisse der Wissenschaft."
"Die Europäische Kommission geht hier bewusst Risiken ein – und zwar vermeidbare Risiken. Anstatt schon heute sichere und wissenschaftlich fundierten Regeln einzuführen, ist dies unverantwortlich und keineswegs im Interesse der Flugpassagiere." betont Ilja Schulz. "Und nicht zuletzt wird schlichtweg die parlamentarische Demokratie stückchenweise ausgehöhlt, da viele wichtige Teile der Flugdienstzeiten zukünftig nicht mehr durch das Parlament kontrolliert werden sollen. Vielmehr soll das Parlament dem EASA-Management eine Art Blankoscheck ausstellen und sich damit teilweise selbst entmachten."
"Die EASA hat die Profitinteressen der Airlines vor die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung gestellt. Nun ist das EU-Parlament gefordert im Interesse der Bürger diesem Vorhaben einen Riegel vorzuschieben.", so Ilja Schulz, Präsident der VC.