Der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst ist nach fünfeinhalb Monaten im All wieder zurück auf der Erde: der 38 Jahre alte Geophysiker und Flugingenieur landete am 10. November 2014 nach dreieinhalb Stunden Flugzeit an Bord eines russischen Sojus-Raumschiffs um 04:58 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (09:58 Uhr Ortszeit) in der kasachischen Steppe, rund 100 Kilometer von der Stadt Arkalik entfernt.
Alexander Gerst flog mit seinen beiden Crew-Kollegen der ISS Expeditionen 40 und 41, dem Kosmonauten Maxim Surajew und dem NASA-Astronauten Reid Wiseman. Das Trio war am 28. Mai 2014 ebenfalls an Bord eines Sojus-Raumschiffs vom russischen Weltraumbahnhof in Baikonur in Kasachstan aus zur Internationalen Raumstation gestartet.
Volles Programm im All und auf dem Boden
Gerst ist der erste deutsche Astronaut, der nach seinem Raumflug unmittelbar nach Deutschland zurückkehren und sich im :envihab des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), einer der weltweit modernsten Luft- und Raumfahrtmedizinischen Forschungseinrichtungen, untersuchen lassen wird.
"Mit der sicheren Landung der Sojus-Kapsel hat die Blue Dot-Mission von Alexander Gerst ein erfolgreiches Ende gefunden. Mission erfüllt!", sagte Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich Wörner, Vorstandsvorsitzender des DLR. "Ich freue mich besonders über die rund 100 Experimente, an denen Alex Gerst beteiligt war, 25 Versuche allein aus Deutschland. Mit seinem Flug hat sich gezeigt, dass Deutschland in der astronautischen Raumfahrt, insbesondere deren Nutzung, eine weltweit führende Rolle spielt", betonte Wörner.
Von einem "Mammutprogramm", das der promovierte Vulkanologe in 165 Tagen auf der ISS absolviert habe, spricht auch Volker Schmid, DLR-Manager für die Blue Dot-Mission von Alexander Gerst. "Die wissenschaftlichen Disziplinen reichten von Fluidphysik, Materialwissenschaften, Humanphysiologie über Strahlenbiologie und Astrophysik bis hin zu Robotik und Technologiedemonstrationen.
Auch zwei industrielle Experimente waren dabei, die erfolgreich abgeschlossen bzw. begonnen wurden." Ein Highlight seiner Mission war sein mehr als sechsstündiger Außenbordeinsatz (Extra Vehicular Activity, EVA) am 07. Oktober 2014, bei dem er zusammen mit Reid Wiseman wichtige Wartungsarbeiten an der ISS erledigte.
Forschung und Wartung für die ISS
Alexander Gerst startete am 28. Mai 2014 vom Weltraumbahnhof in Baikonur mit einer Sojus TM-A 13 (39S). Gut sechs Stunden später dockte das Raumschiff am ISS-Modul "Rassvet" am russischen Teil der Raumstation an. Gerst war seit 2008 der erste Deutsche im All und der zweite, der nach Thomas Reiter (2006) einen Langzeitaufenthalt von fast einem halben Jahr auf der ISS absolviert hat.
Neben der alltäglichen wissenschaftlichen Arbeit hat der jüngste und insgesamt elfte deutsche Astronaut Wartungsarbeiten erledigt und Versorgungsfahrzeuge in Empfang genommen; darunter den letzten europäischen Frachter ATV-5 "Georges Lemaitre", der am 12. August 2014 an der ISS andockte. ATV-5 hatte unter anderem die deutschen Experimente EML, MagVector, WiseNet und SpaceTex an Bord, die Gerst ausgepackt und im europäischen Forschungslabor Columbus installiert hat.
"Gerst war auch trainiert für die Ankunft der US-Versorgungsraumschiffe Dragon und Cygnus, von denen er während seiner Mission jeweils eines mithilfe des Manipulatorarms an die Station ankoppelte", berichtet DLR-Missionsmanager Volker Schmid. Darüber hinaus hat Alexander Gerst Menschen weltweit mit seinen persönlichen Eindrücken, Fotos und Videos aus dem All fasziniert, die er regelmäßig in den sozialen Medien geteilt hat. Auch so genannte "Live-Calls" – ein Telefonat aus dem All – gehörten zu den Aufgaben. So sprach Alex Gerst am 04. September 2014 mit rund 5.000 begeisterten Zuhörern in seiner baden-württembergischen Heimatstadt Künzelsau. Auch im direkten Funkkontakt sprach Gerst mit einer Schulklasse, als die ISS über Deutschland flog.
Kontrollzentrum plante Rekordpensum für die Astronauten
Für einen reibungslosen Ablauf der Arbeiten auf der ISS ist eine ständige Verbindung zwischen den Astronauten und den Teams in den Bodenstationen entscheidend: Die zentrale "Heimat"-Bodenstation für Alexander Gert war das Columbus-Kontrollzentrum beim DLR in Oberpfaffenhofen. "Wir haben mit weit über 30.000 Arbeitsstunden Alex‘ Mission unterstützt. Nicht nur während der Mission an den permanent besetzten Konsolen im Kontrollraum, sondern auch in der monatelangen Vorbereitung und über die verschiedenen Koordinierungsaufgaben hinter den Kulissen", erklärt Columbus-Flugdirektor Thomas Uhlig.
"Die Blue-Dot-Mission hat großes öffentliches Interesse ausgelöst. Bei unserem Tag der Offenen Tür am 12. Oktober 2014 war das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum kontinuierlich von Menschenmassen belagert", schildert Uhlig und ergänzt: "In den vergangenen Jahren konnte die Zeit, die die Astronauten mit wissenschaftlichen Experimenten verbringen, deutlich erhöht werden. Alexander Gerst und seine Kollegen halten mit 80 Stunden Wissenschaft in einer Woche den derzeitigen Rekord."
Als eine der letzten Aktivitäten hatte Alexander Gerst den Elektromagnetischen Levitator (EML), einen neuartigen Schmelzofen aktiviert und damit dessen Probebetrieb eingeleitet. Am 23. November soll die italienische ESA-Astronautin Samantha Christoforetti zur ISS starten. Sie wird viele der von Alexander Gerst begonnenen Experimente weiterführen.