Columbus: 10 Jahre Forschungsposten im All

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Heute vor zehn Jahren, am 07. Februar 2008. startete das Weltraumlabor Columbus seine Reise ins All und ist seitdem das wissenschaftliche Herzstück für europäische Forschung auf der Internationalen Raumstation ISS.

Entwicklung und Fertigung des ISS-Moduls Columbus wurden durch das Deutsche Zentrum für – und Raumfahrt (DLR) im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation ESA betreut. Das DLR ist aber auch auf Forschungsebene mit Experimenten aktiv und leitet vom Columbus-Kontrollzentrum in aus den Betrieb. In der Schwerelosigkeit gewinnen die Forscher einzigartige Erkenntnisse aus unterschiedlichsten Disziplinen, von Astrophysik über Materialforschung bis hin zu Psychologie und Behandlungsmöglichkeiten in der Medizin.

Mit Herzblut für die Vision

Drei Männer, darunter der inzwischen verstorbene Gründer des Bremer Raumfahrt- und Technologieunternehmens OHB und Visionär Manfred Fuchs, ebneten einst ganz maßgeblich den Weg für das Columbus-Programm. „Mein Vater hat sich sehr dafür eingesetzt, dass Europa ein eigenes Forschungsmodul entwickelt und baut. Weil man ursprünglich schon 1992 startklar sein wollte – 500 Jahre nach der Entdeckung Amerikas durch Christopher Columbus – wurde sein Vorschlag, das Modul Columbus zu nennen, aufgegriffen.

Das rief bei uns natürlich eine ganz besondere Identifizierung mit dem Columbus-Programm hervor!“, sagt Marco Fuchs, Vorstandsvorsitzender von OHB. Gemeinsam mit Professor Ernesto Vallerani und Professor Gottfried Greger wurde Manfred Fuchs Ende 1982 von der Deutschen Agentur für Raumfahrtangelegenheiten (DARA, heute DLR) als Initiatoren des COLUMBUS-Programms ausgezeichnet.

Deutscher Gerst kehrt ins All zurück

Um die Jahrtausendwende waren die Arbeiten bei der OHB System AG in Bremen ganz maßgeblich von Projekten für die ISS und das Columbus-Modul geprägt. Mehr als die Hälfte der damals rund 100 OHB-Mitarbeiter arbeitete an der Infrastruktur oder an Experimenten für die Raumstation. An Bord der Raumstation bzw. im Columbus-Labor finden sich folglich eine ganze Reihe und sehr unterschiedliche Beiträge von der Bremer. Sie reichen von vielen Kilometern Verkabelung und Tausenden Steckverbindungen, Boards für die Bordrechner, über verschiedene Lebenserhaltungssysteme, Elektronik, das Sportgerät FlyWheel bis hin zur Grundlagenforschungsapparatur „PK-4“.

PK-4 erlaubt es physikalische Prozesse in einem Modellsystem für Flüssigkeiten und Festkörpern auf „atomarer“ Ebene zu untersuchen. Bereits die Entdeckung der Plasmakristalle 1994 führte dazu, dass die Lehrbücher der umgeschrieben werden mussten. Mit der für den Herbst geplanten neuen Experimentreihe im Columbus-Labor hebt das DLR-Institut für Materialphysik im Weltraum Datenschätze für die nächsten Jahrzehnte.  Eine besondere Bedeutung für OHB hat das Columbus-Rack EPM (European Physiology Modules), da es der erste Hauptauftrag war, den die Bremer von der Europäischen Weltraumagentur ESA erhielten.

Insgesamt 161 ESA-Experimente wurden im Columbus-Labor durchgeführt, wie auch Experimente von 67 internationalen Partnern und kommerziellen Nutzern. Mehr als hundert Astronauten waren dazu an Bord – beginnend mit Hans Schlegel, der das Columbus-Modul im Rahmen der Mission STS-122 in Betrieb nahm. Alexander Gerst wird im Juni 2018 für seine ISS-Mission „Horizons“ zu dem Labor in 400 Kilometer Höhe zurückkehren. Ein Arbeitsplatz, der bei dem deutschen ESA-Astronauten viele Erinnerungen weckt – wie etwa der improvisierte Einsatz von Rasierschaum, um beim Einbau des EML-Schmelzofens Sägespäne einzufangen. An die erfolgreiche Arbeit von 2014 kann Alexander Gerst anknüpfen, wenn er nun im Sommer den Probensatz der Anlage austauschen wird, um eine neue Serie von materialphysikalischen Experimenten zu ermöglichen.

Rund 80 Wissenschaftler und Ingenieure am Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum des DLR (GSOC) betreuen die europäischen Aktivitäten auf der ISS: Seit bereits mehr als 87.600 Stunden überwacht und koordiniert das Columbus-Kontrollzentrum des GSOC nun den Betrieb im Columbus Modul an der ISS. In dieser Zeit sicherte die Bodencrew nicht nur den Routinebetrieb, sondern musste auch ständig neue Herausforderungen bewältigen. Dazu gehörten Softwareupdates des hochspeziellen Betriebssystems ebenso wie Reparatur und Wartung der lebensnotwendigen Systeme, wie etwa der Austausch einer 70 Kilogramm schwerelosen Wasserpumpe.

Wissenschaftliche Entdeckungen

So konnte das Weltraumlabor in seiner zehnjährigen Geschichte stets neues wissenschaftliches Terrain erschließen. Dazu gehört auch die Apparatur die Erforschung von Magnetfeldern und Grundlagen zur Entwicklung von Schutzschilden mithilfe des Magnetic Field Experiment „MagVector/MFX“. Im „Biolab“ hingegen konnten Wissenschaftler das Wachstumsverhalten von Pflanzen und Mikroorganismen in der Schwerelosigkeit erforschen. Mit Spannung wird auch die Fortsetzung der Plasmakristall-Experimente und der Experimente zur Mensch-Roboter-Interaktion mit dem intelligenten DLR-Roboter Justin erwartet:

Das DLR-Institut für Robotik und Mechatronik bereitet derzeit zwei Folgeexperimente im Rahmen des Projekts METERON vor. Die Astronauten an Bord der ISS werden im Columbus-Labor den humanoiden Roboter Justin im DLR per Tablet steuern. Mittels einer einfachen Befehlseingabe aus der Ferne soll der Roboter komplexe Aufgaben selbstständig ausführen. In der zweiten Jahreshälfte ist dann ein Co-Worker-Experiment mit Alexander Gerst geplant. Der deutsche ESA-Astronaut wird mit einem Tablet von der ISS aus die nächste Entwicklungsstufe des zukünftigen Robonauten testen – das intelligente Zusammenfügen von Elementen für den Aufbau eines Gerätes oder einer Marsstation.

Internationale Zusammenarbeit

Die Internationale Raumstation ISS ist das größte Technologieprojekt aller Zeiten: Der „Außenposten“ der Menschheit im All wird derzeit gemeinsam von den USA, , den Mitgliedsstaaten der Europäischen Weltraumorganisation ESA, und betrieben. Das DLR-Raumfahrtmanagement koordiniert dabei die deutschen Beiträge zu den ISS-Programmen der ESA, in Bezug auf Ausbau, Betrieb und Nutzung der Station und ist federführend bei der Umsetzung des nationalen Nutzungsprogramms.

Bei der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der deutschen und europäischen Weltraumexperimente werden die Wissenschaftler durch das Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (MUSC) unterstützt. Für die Ausbildung der Astronauten und des Betriebsteams des Columbus-Labors ist das Europäische Astronautenzentrum (EAC) zuständig, in Zusammenarbeit mit der DLR-Einrichtung Raumflugbetrieb und Astronautentraining.

Das Columbus-Kontrollzentrum im DLR Oberpfaffenhofen führt den Betrieb des ISS-Moduls in enger Abstimmung mit den Astronauten sowie den Kontrollzentren der NASA in und Huntsville durch. „Auch nach zehn Jahren intensiver Nutzung für zahlreiche Experimente funktioniert es immer noch tadellos und ist auch in der Zukunft für neue Experimentsessions voll ausgelastet“, sagt Dr. Marco Berg, Leiter der Abteilung Astronautische Raumfahrt und Exploration, stolz.

„Die Forschungsarbeiten, die an Bord der Raumstation in der Schwerelosigkeit durchgeführt werden können, eröffnen den Wissenschaftlern ganz neue Einblicke. Raumfahrt ist für mich immer dann besonders wertvoll, wenn der Nutzen für die Menschen im Mittelpunkt steht“, sagt Marco Fuchs. „Außerdem leisten große Raumfahrtprojekte wie die ISS und Columbus dauerhaft einen einzigartigen Beitrag zur Völkerverständigung über Ländergrenzen und Kontinente hinweg“.

Auf den Bildern

Columbs-Modul, Außenansicht: Das Columbus-Modul wurde am 11. Februar 2008 an der Steuerbordseite des Verbindungsknotens Harmony dauerhaft an die ISS montiert und in Betrieb genommen. Columbus, Europas Beitrag zur ISS, ist ein Mehrzwecklabor für die multidisziplinäre Forschung unter Schwerelosigkeit. Das Modul ist 6,9 Meter lang und hat einen Durchmesser von 4,5 Meter.

Alexander Gerst aktiviert EML und MagVektor/MFX: Der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst war vom 28. Mai bis zum 10. November 2014 für die Mission „Blue Dot“ auf der Internationalen Raumstation ISS im Einsatz. Während der 165-tägigen Mission war er in 100 verschiedene Experimente aller ISS-Partner eingebunden. Hier im Bild schaltet Alexander Gerst die ESA-Experimente EML und MagVektor/MFX im Columbus-Labor ein.

Columbus-Modul, Labor bei Nacht: Im europäischen Weltraumlabor auf der ISS können bis zu drei Astronauten auf 25 Kubikmetern an wissenschaftlichen Experimenten arbeiten. Im Inneren ist Columbus mit 16 Experimentier-Regalen, sogenannten Racks ausgestattet, in denen ähnlich wie bei Einbauschränken Laborausrüstung, Computer und technische Systeme untergebracht sind. Sie können Versuchseinrichtungen von bis zu 700 Kilogramm Masse aufnehmen und bei Bedarf ausgetauscht oder ersetzt werden. Drei weitere Racks dienen als Stauraum und für die Unterbringung der Infrastruktur, vornehmlich für die Stromversorgung, Datenverteilung und Wasserpumpen sowie das – und Feuerunterdrückungssystem.

Columbus-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen: Das Columbus-Kontrollzentrum befindet sich im Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum (GSOC) des DLR in Oberpfaffenhofen und ist rund um die Uhr in Betrieb. Zu den Aufgaben des Kontrollzentrums gehören das für das Betriebspersonal sowie die Vorbereitung und Durchführung von Missionssimulationen, die Überwachung und Steuerung der technischen Systeme des Columbus-Labors und der Experimente an Bord der Raumstation, die Kommunikation zwischen ISS, Bodenstationen und den Nutzerkontrollzentren, Empfang, Verarbeitung, Verteilung und Auswertung von Daten sowie die Betriebsablaufplanung an Bord und am Boden (Missionsplanung).

Hier forscht Europa im All. Alexander Gerst fotografierte das Columbus-Modul 2014 während seiner Blue Dot Mission und kommentierte: „Our powerful European science lab in space. What we investigate here cannot be done anywhere on Earth!“

Gut angekommen: Das an die Internationale Raumstation ISS angekoppelte europäische Forschungsmodul Columbus im Jahr 2008

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