Nachdem der Satellit GOCE über vier Jahre lang die Veränderungen des Schwerefelds der Erde mit beispielloser Genauigkeit kartiert hat, hat der Satellit seinen Treibstoff nun vollends verbraucht, sodass die Mission nun für beendet erklärt wurde. Bald verglüht er in der Erdatmosphäre.
Seit März 2009 umkreist der Satellit zur Bestimmung des Schwerefelds und der stationären Ozeanzirkulation die Erde auf der niedrigsten Umlaufbahn, auf der ein Forschungssatellit je flog.
Globaler Ozean, Moho-Diskontinuität aus dem Seismologie im All
Sein Gradiometer – ein Präzisionsinstrument zur Messung des Schwerefelds in 3D – war das erste in den Weltraum gestartete Instrument dieser Art. Es hat die Veränderung des Schwerefelds der Erde mit bisher unerreichter Detailtreue aufgezeichnet. Das Ergebnis ist ein einzigartiges Geoid-Modell, das im Wesentlichen die Form eines idealen globalen Ozeans im Ruhezustand aufweist und damit für Präzisionsmessungen der Ozeanströmungen und der Veränderung des Meeresspiegels maßgeblich ist.
GOCE hat dynamische Topografie- und Zirkulationsmuster der Ozeane von einzigartiger Qualität und Auflösung geliefert und damit das Verständnis der Dynamik der Weltmeere verbessert.
Die Wissenschaftler haben die Daten von GOCE ferner genutzt, um die erste globale hochauflösende Karte der Grenzfläche zwischen der Erdkruste und dem Erdmantel – die sogenannte Moho-Diskontinuität – zu erstellen. Der Satellit wurde außerdem zum ersten Seismometer in der Umlaufbahn, als er Schallwellen des schweren Erdbebens, das Japan am 11. März 2011 traf, aufspürte.
Missionsverlängerung dank Treibstoff-Vorrat
Obgleich die ursprünglich geplante Mission im April 2011 endete, konnte die ESA GOCE weiterhin nutzen, da der Treibstoffverbrauch für das Ionentriebwerk aufgrund schwacher Sonnenaktivität bedeutend geringer war als vorhergesehen. Dabei fällt die Ausdehnung der Erdatmosphäre geringer aus, und der Satellit wurde weniger abgebremst als erwartet.
Im August 2012 begann das Kontrollteam dann, die Umlaufbahn von GOCE von rund 255 km Höhe auf 224 km abzusenken. Die so getaufte "zweite GOCE-Mission" lieferte durch die niedrigere Umlaufbahn Messungen von noch größerer Genauigkeit und Auflösung, was den Wissenschaftlern die Kenntnisse über detailliertere Ozeaneigenschaften wie zum Beispiel Wirbelströme vertiefen hilft.
"Diese innovative Mission war eine Herausforderung für das gesamte darin eingebundene Team – von der Herstellung des ersten Gradiometers für den Weltraum über die Beibehaltung einer extrem niedrigen Umlaufbahn, wobei sich der Satellit ständig im freien Fall befand, bis zur noch stärkeren Absenkung des Orbits", so Volker Liebig, ESA-Direktor für Erbbeobachtungsprogramme.
GOCE-Mission war "jede Angstrengung wert"
"Das Ergebnis ist fantastisch. Wir haben die genauesten Schwerefelddaten erhalten, die Wissenschaftlern je zur Verfügung standen. Dies allein zeigt, dass GOCE jede Anstrengung wert war. Und noch immer ergeben die Auswertungen neue wissenschaftliche Ergebnisse."
Datenempfang und Satellitenbetrieb werden sich noch etwa zwei Wochen fortsetzen, bis die Systeme aufgrund der rauen Umweltbedingungen auf solch niedriger Höhe aufhören werden zu funktionieren. Dann wird der Satellit abgeschaltet, was gleichzeitig das Ende der Tätigkeit des GOCE-Flugkontrollteams bedeutet.
Wiedereintritt in zwei Wochen – Trümmer erwartet
Am 21. Oktober ging die Mission somit auf natürlichem Weg zu Ende, da der Treibstoffvorrat des Satelliten erschöpft war. Letzterer wird voraussichtlich nach den kommenden rund zwei Wochen in die Erdatmosphäre eintreten.
Ein Großteil des Satelliten wird in der Atmosphäre verglühen, dennoch ist damit zu rechnen, dass kleinere Teile die Erdoberfläche erreichen. Wann und wo diese Teile auf der Erde auftreffen, kann noch nicht vorhergesagt werden, mit dem Näherrücken des Wiedereintritts in die Erdatmosphäre wird der betroffene Bereich jedoch genauer eingegrenzt werden.
Ein weltweites Team ist in die Überwachung des Satellitenabstiegs eingebunden, darunter der Interinstitutionelle Koordinierungsausschuss für Weltraummüll. Das ESA-Büro für Weltraumtrümmer beobachtet die Situation kontinuierlich und wird regelmäßige Wiedereintrittsprognosen veröffentlichen.
Die ESA hält ihre Mitgliedstaaten und die zuständigen Behörden auf dem Laufenden. Aktuellste Informationen zu den wissenschaftlichen Ergebnissen der Mission und dem Wiedereintritt des Satelliten in die Erdatmosphäre stellt die ESA auch online zur Verfügung.