Flugbegleiter bei UFO gehen in konkrete Streikplanung bei Lufthansa

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Es sind keine gemütlichen Zeiten für die Lufthansa. Erst die wiederholten Streiks der Pilotenvereinigung (VC), bei der es um einen ganzen Strauß an Verhandlungspunkten gibt. Hierbei hatte sich zuletzt sogar die eigentlich nicht beteiligte Gewerkschaft UFO zu Wort gemeldet, und mehr oder weniger direkt die VC kritisiert. Nun kommen selbst von ihr harte Töne zu den gescheiterten Verhandlungen mit dem Management der Lufthansa. Seit nunmehr zwei Jahren habe man mit der Lufthansa im Rahmen der Agenda verhandelt. Zwei Jahre lang habe man aber immer wieder feststellen müssen, dass die Geschäftsleitung Zusagen gibt, von denen sie kurz darauf nichts mehr wissen möchte.

Zwei Jahre lang wurden die Vertreter der Gewerkschaft mit absurden Forderungen von bis zu 40 Prozent Einsparungen konfrontiert und sind nur deshalb nicht aus dem Raum gegangen, weil wir man geglaubt habe, dass diese Konzernführung an einer umfassenden, zukunftsweisenden Lösung für ihren umfassenden und ebenso zukunftsweisenden Konzernumbau interessiert sei. Immer wieder wurde dieser Wille signalisiert und man habe mit einem neuerlichen Angebot diesen Willen quittiert.

Karl Garnadt rief im Februar zu einem Bündnis für Wachstum und Beschäftigung auf. Das Kabinenpersonal machte kurz darauf ein Angebot und erhielt über Monate keine Rückmeldung. Währenddessen ging man in eine Schlichtung zur Versorgung, die maßgeblich an Lufthansas Amnesie bezüglich geleisteter Zusagen scheiterte, was auch von beiden Schlichtern so attestiert wurde. Nach einem angedrohten bewegte sich das Management scheinbar wieder.

Im Verlauf der Verhandlungen wurden alle Methoden zur Lösungsfindung ausgeschöpft: Moderatoren, Wirtschaftsprüfer, Schlichter. wurden vorgelegt, welches ein Bündnis für Wachstum und Beschäftigung vorsah und welches es für beide Seiten möglich gemacht hätte, an der wirtschaftlichen Entwicklung teilzuhaben. Jedoch seien jegliche Ankündigungen vonseiten der Konzernführung Lippenbekenntnisse blieben. Die Konsequenz aus den letzten zwei Jahren und insbesondere des vergangenen Wochenendes ist für UFO das Scheitern eines Versuchs, die Lufthansa auf ihrem Weg des Konzernumbaus zu begleiten und eine win-win-Situation zu produzieren. Die Agenda ist mit ihrem Ansatz, ein „größeres Rad“ drehen zu können, gescheitert. Die historische Chance, gemeinsam mit den Mitarbeitern unsere Lufthansa zukunftsfähig aufzustellen, sei nun vergeben.

Das wichtigste und drängendste Thema ist nach wie vor die Versorgung. Nicht zuletzt deshalb wurde sie in der ersten Jahreshälfte einer Schlichtung zugeführt, die wie allen bekannt, fulminant gegen die Wand gefahren wurde. Dr. Bettina Volkens hat öffentlich verkündet, es gebe kein weiteres Angebot zur Versorgung. Darüber hinaus hat sie angekündigt, Lufthansa würde alle rechtlichen Schritte prüfen, wie ein zu verhindern sei. Statt eine Lösung am Verhandlungstisch zu suchen, wird nun juristische Spitzfindigkeit betrieben, wie eine Lösung vermieden werden kann. Daher sei man bei den Angestellten der Kabine traurig, wütend und enttäuscht, nach so langen und zähen Verhandlungen nun an solch einem Punkt zu stehen, wie ihn die Kollegen der VC bereits kennen. Rechtlich sind sehe man sich allerdings gut vorbereitet und abgesichert.

Versorgung bleibt das Ziel

Die Lufthansa hat am vergangenen Samstag, im Rahmen eines Lösungsvorschlags für den Tarifkonflikt um die Agenda Kabine, ein Angebot zur Alters- und Übergangsversorgung (AV/ÜV) vorgelegt. Dieses Angebot bezieht sich auf das bereits am 19.10.2015 vorgelegte Angebot zur AV/ÜV. Die Knackpunkte dieses Angebots stichwortartig im Überblick:

  • Erneute Teilung des Personalkörpers in jung und alt durch Befristung auf zehn Jahre für junge Mitarbeiter.
  • Anpassung der ÜV (bei schlechten Zinsen am Kapitalmarkt nur nach unten möglich) – Es wird ausgeschlossen, dass eine ÜV bei wirtschaftlich guter Entwicklung oder längerem (über die bisherigen 23 Jahre) vor 55 nach oben angepasst wird.
  • Ausscheiden mit 55 nur mit Abschlägen. Damit faktische Anhebung des Ausscheidealters auf 56.
  • Renditeannahme von 5,5 Prozent, die erwirtschaftet werden müssten, damit keine Eigenbeiträge nötig wären. Der Vorschlag von 4,9 Prozent war bereits ein Entgegenkommen der Mitarbeiter, das nur mit weiteren Optionen in deren Vorschlag realistisch war.
  • Keine Einmalzahlung von 2.000 Euro für Systemumstellung.
  • Keine Zusage für Bestandsschutz und das Füllen vorhandener Lücken, insbesondere für dienstältere, langjährige Mitarbeiter.

Diese Liste ist nicht abschließend, die Lufthansa hat sie unter anderem mit der „Nachbesserung“ ihres Angebots kommentarlos gestrichen. Insbesondere die nach wie vor angestrebte Teilung des Personalkörpers ist für die Vereinigung UFO untragbar. Nicht nur, weil dies unanständig und unnötig ist, sondern auch, weil uns dies dann in kürzester Zeit auf die Füße fällt: Wenn der „Altbestand“ plötzlich im Vergleich zu neuen Kollegen noch teurer wird, dann hält eine solche Lösung längstens bis zur nächsten Tarifrunde und/oder dem nächsten Sparprogramm.

Umstellung auf Defined Contribution System

Einer Systemumstellung von einem Defined Benefit System auf ein Defined Contribution System würde man nur deshalb zustimmen, weil man die Chancen in einer konsequenten Umstellung sieht und damit die Lücken im heutigen System geschlossen werden könnten – wenn man es denn richtig macht. Lufthansa versuche aber erneut jedes Risiko abzugeben und damit auch noch an den Mitarbeitern zu verdienen. Es sei aber unverständlich, weshalb jemand ausschließlich unter Abschlägen mit 55 in die ÜV gehen können soll. Wer lange fliegt, muss auch etwas davon haben. Darüber hinaus bieten die Ansätze von einem neuen System vielfältige Möglichkeiten eine ÜV flexibel zu nutzen. Beispielsweise könnte nach 55 in einem Teilzeitmodell geflogen werden. Ein Ausgleich erfolgte hier durch eine Aufstockung zum Vollzeitgehalt mit der eigenen ÜV.

Denn während Kollegen bei verringertem weiter gesetzliche Rentenbausteine sammeln, können sie durch Inanspruchnahme einer Teilzeit die Arbeitsbelastung deutlich senken. Durch die Ablehnung solcher Ideen wird das System nicht nur unattraktiver, es hat lediglich für LH den Vorteil, dass „teure“ Kollegen früher aus dem Personalkörper verschwinden. Mit Wertschätzung für viele Jahre Loyalität und vollen Einsatz hat das nicht das Geringste zu tun.

Zum Streik bereit halten

Es ist deutlich geworden, dass die Geschäftleitung nicht ohne ein Signal durch ihre Mitarbeiter dazu zu bringen sein wird, von der Demontage der Versorgung abzurücken. Jetzt gehe es darum gemeinsam zu zeigen, was uns die Versorgung und eine verlässliche Lebensplanung wert sind. Die Mitarbeiter sollen sich daher bereit halten, um zum Streik aufgerufen zu werden.

Bereits der Vorschlag zu einer neuen Versorgung hätte jedes Jahr mehr als 70 Millionen Einsparungen erzeugt, von den obendrein positiven Bilanzeffekten im Bereich mehrerer hundert Millionen wegen aufzulösender Rückstellungen ganz zu schweigen. Man beachte dazu auch das Angebot der VC vom Frühjahr, in welchem auf diese Bilanzeffekte eingegangen wird.

Vergütung, Agenda, Wachstum und Beschäftigung

Zu allen Themen wurden nun zwei Jahre lang Verhandlungen geführt. Lufthansa bringt jetzt in der Öffentlichkeit eine Schlichtung ins Gespräch. Dies sei eine politische Bankrotterklärung, so lange keine Lösung zu ermöglichen und dann in eine weitere Verlängerung durch eine Schlichtung zu wollen, hieß es von UFO. Lufthansa habe viele gute Vorschläge zu allen Themen erhalten. Offenbar waren diese allesamt nicht gewollt.

Dabei wurden gerade erst Geschäftszahlen präsentiert, die das Rekordergebnis schlechthin sind und nach Aussage von Simone Menne und Carsten Spohr nicht allein auf günstiges Kerosin, sondern auf nachhaltige Verbesserungen im Konzern zurückgehen – kein Wunder, die Kabine hat ihre Beiträge ja auch immer wieder erbacht, indem sie produktiver und unter verbesserten Kostenstrukturen arbeitet. Zu keiner Zeit hätte sie negiert, dass Veränderungen nötig sind und stehe bereit, umfassende Reformen voranzutreiben. Lufthansa scheint jedoch an keiner langfristigen – und Sozialpartnerschaft interessiert zu sein. Anders kann sie sich die Verweigerungshaltung zu allen Themen, die über einen Betrachtungszeitraum von mehr als zwei Jahren hinausgehen, nicht mehr erklären.

Als gutes Beispiel nennt UFO die Vergütung. Der Darstellung von Lufthansa folgend, könnte angenommen werden, dass das ein „gutes“ Angebot sei. Um es deutlich zu sagen: Tabellenerhöhung ist auch in Kombination mit der angebotenen Einmalzahlung angesichts der Zahlen und der vergangenen Jahre bestenfalls ein Inflationsausgleich.

Natürlich wird alles geprüft. Allerdings habe man keine Phantasie mehr, wie eine von Lufthansa ins Gespräch gebrachte Schlichtung zu keiner reinen Farce verkommen soll. Dies war schon in der Versorgungsschlichtung der Fall, in der sich Lufthansa nicht einmal an Empfehlungen der Schlichter orientiert hat.

Propagandaschlacht

Wenn im Lufhtansa-Angebot aus 23 gemeinsam verhandelten Themen im Bündnis und der Agenda-Kabine nur noch zwei bleiben, wie kann das auch annähernd das sein, was angepeilt gewesen sei, fragt UFO laut. Wenn Lufthansa den Vorschlag, der ca. 130 Millionen pro Jahr spart ablehnt, wie soll ihr jetziges Angebot besser für die Mitarbeiter sein? Vor allem: Wer glaubt, dass Lufthansa plötzlich wirkliche Schutzmechanismen für ihre Mitarbeiter anbieten möchte?

Die Hängepartie mit der Versorgung soll aufhören. Deshalb wollen die organisierten der Lufthansa nun einen Forderungskatalog, der sich ausschließlich auf diese Problematik stützt, übermitteln. Für den Fall, dass Lufthansa auf diese Forderung kein ernsthaftes Angebot unterbreitet, sollen Streikvorbereitungen abgeschlossen werden. Lufthansa hat an anderer Stelle gezeigt, dass sie jedes juristische Mittel nutzt, um einen Streik abzuwehren oder vorzeitig zu beenden. Deshalb sei man besonders umsichtig und können noch kein Datum nennen. Doch wie oben schon erwähnt, will nach Abschluss der Vorbereitung keine Zeit verlieren. Termine kommen diese Tage.