Gemüseernte in der Antarktis: Gewächshaus für Raumfahrer legt ab

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Das Forschungsabenteuer Pflanzenzucht in der Antarktis nimmt Fahrt auf: Am 08. Oktober 2017 hat der Spezial-Gewächshauscontainer auf einem Frachtschiff den Hamburger Hafen in Richtung antarktisches Ekström-Schelfeis verlassen. Rund elf Wochen dauert nun die Reise.

Kurz vor wird das Team des Forschungsprojekts EDEN-ISS das Hightech-Gewächshaus an der Neumayer-Station III des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Empfang nehmen. Das Deutsche Zentrum für – und Raumfahrt (DLR) erforscht im Projekt gemeinsam mit internationalen Partnern den vollständig autarken Gemüseanbau für die Nahrungsmittelversorgung in klimatisch anspruchsvollen Regionen sowie für zukünftige bemannte Missionen zu Mond und Mars.

Reiche Ernte beim Testlauf

Von Ende Juni bis Ende August 2017 gediehen bereits Gurken, Tomaten, Radieschen, Paprika, Salate und Kräuter prächtig beim Testlauf des insgesamt zwölf Meter langen Containergewächshauses. Die Forscher konnten während des Probelaufs am DLR-Standort Bremen reichhaltig ernten, teilte das DLR-Institut für Raumfahrtsysteme mit. Das stimmt zuversichtlich, dass es auch unter den harschen Bedingungen in der Antarktis gut funktionieren wird.

Insgesamt hatten die Forscher während der Testphase über 40 Kilogramm Frischgemüse produziert. Das faszinierende dabei: Wasser verlässt das autarke Gewächshaussystem nur in den geernteten Früchten. Alles andere wird recycelt und den Pflanzen erneut zugeführt. Unter speziellem künstlichem Licht, wohl temperiert, ohne und nur von ausgesuchten Nährlösungen versorgt, können die Pflanzen schneller und produktiver als in ihrem natürlichen Umfeld wachsen.

Gemüseanbau MadeInAntarctica

Ab Ende Dezember 2017 beginnt das eigentliche Pflanzenzucht- in der Antarktis. Dann wird DLR-Wissenschaftler Paul Zabel für ein Jahr mit dem Gewächshaus EDEN-ISS in die Antarktis ziehen und dort in der der vom AWI betriebenen Antarktisstation Neumayer III leben. Trotz beschwerlicher Bedingungen in der Antarktis wohnen und arbeiten dort Wissenschaftler in der Forschungsstation das ganze Jahr über. Im antarktischen Sommer befinden sich bis zu 50 Menschen auf der Station, im Winter sind dagegen normalerweise nur noch neun Personen dort und von der Außenwelt abgeschnitten: ein Koch, drei Ingenieure, ein Arzt und vier Wissenschaftler. Sie bilden das Überwinterungsteam.

Teamkollegen des EDEN-ISS-Projekts helfen Paul Zabel zunächst bei Aufbau und Inbetriebnahme des Gewächshauses. Dann ist er über die Polarnacht hinweg allein für den Betrieb und die Gemüsezucht verantwortlich. Seine Ernte in monatelanger Dunkelheit wird den Speiseplan der Überwinterer auf Neumayer III bereichern. Gleichzeitig wird dabei das Versorgungsszenario einer bemannten Marsmission nachempfunden.

Die Vorbereitungen auf die Überwinterung sind für die Beteiligten aufregend und nehmen viel Zeit in Anspruch. Man bekommt dabei eine Vorstellung, wie umfangreich die Vorbereitungen für eine Weltraummission sein müssen, wo man ebenfalls an alles denken und auf alles vorbereitet sein muss. Zabel hat bereits ein Überlebenstraining in den Alpen als Mitglied des Neumayer-III-Überwinterungsteams absolviert. Außerdem nahm er an mehreren Seminaren zur Technik der Station und an einem einwöchigen Brandbekämpfungstraining teil. Bis zur Abreise im Dezember folgen noch zahlreiche weitere Vorbereitungskurse.

Nahrungsmittelproduktion der Zukunft

Die weltweite Nahrungsmittelproduktion ist eine der zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen im 21. Jahrhundert. Eine steigende Weltbevölkerung bei gleichzeitigen Umwälzungen durch den Klimawandel fordern neue Wege, um Nutzpflanzen auch in klimatisch ungünstigen Regionen kultivieren zu können. Für Wüsten und Gebiete mit tiefen Temperaturen wie auch bei Weltraummissionen zu Mond und Mars ermöglicht ein geschlossenes Gewächshaus ein von Wetter, Sonne und Jahreszeiten unabhängiges Ernten sowie weniger Wasserverbrauch und den Verzicht auf Pestizide und Insektizide.

Mit dem Projekt EDEN-ISS (EDEN: Evolution & Design of Environmentally-closed Nutrition-Sources) geht solch ein Modell-Gewächshaus der Zukunft für ein Jahr unter antarktischen Extrembedingungen in die Langzeiterprobung. Von Ende Dezember 2017 bis Februar 2018 ist der Aufbau geplant. Danach folgt der Forschungsbetrieb während der Überwinterung in der Antarktis bis zum Dezember 2018.

Internationales EDEN-ISS

Das Projekt EDEN-ISS wird in Zusammenarbeit mit dem Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) im Rahmen einer Überwinterungsmission auf der deutschen Antarktisstation Neumayer III realisiert. Damit das Gewächshaus in der Antarktis funktioniert, arbeiten unter der Leitung des DLR eine ganze Reihe weiterer internationale Partner in einem Forschungskonsortium zusammen.

Diese sind: Wageningen University and Research (Niederlande), Airbus Defense and Space (), LIQUIFER Systems Group (), National Research Council (), University of Guelph (), Enginsoft (), Italia (Italien), AeroCosmo (Italien), Heliospectra (Schweden), Limerick Institute of Technology (Irland), Telespazio (Italien) sowie die University of Florida (USA). Finanziert wird das Projekt aus Mitteln des Europäischen Forschungsrahmenprogramms Horizon 2020 unter der Projektnummer 636501.

Auf den Bildern

Gemüse wird während des EDEN-ISS-Probebetriebs reif: Von Ende Juni bis Ende August 2017 gediehen Gurken, Tomaten, Radieschen, Paprika, Salate und Kräuter bereits prächtig beim Testlauf des Gewächshauses EDEN-ISS.

Die Verladung am Hamburger Hafen beginnt: Insgesamt elf Wochen ist das EDEN-ISS-Gewächshaus auf dem Weg in die Antarktis.

Verstauen im Bauch des Frachtschiffs: Zwei Containerelemente bilden zusammen das EDEN-ISS-Gewächshaus.

EDEN ISS-Gewächshaus am Südpol: Im antarktischen Winter ist die Umgebung extrem und lebensfeindlich. Die Temperaturen sinken bis auf minus 30 Grad Celsius und kein Sonnenstrahl dringt für Monate durch die polare Nacht. Dafür hat das EDEN ISS-Gewächshaus eine besonders effektive Isolierung. Ab Dezember 2017 muss es den antarktischen Bedingungen trotzen.

Neumayer-Station III in der Antarktis: Für ein Jahr wird die Neumayer-Station III des Alfred-Wegener-Instituts die Heimat von DLR-Ingenieur Paul Zabel sein. Ab Dezember 2017 wird er dort für das Projekt EDEN ISS ein Gewächshaus aufbauen und betreiben.