Infrarotsignale weisen Wasser auf Komet von 67P nach

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Ein Komet besteht zwar zu einem großen Teil aus Wassereis, und in seiner , der sich in Sonnennähe bildenden Koma, überwiegt Wasserdampf. Aber auf der eigentlichen Kometenoberfläche ist von Wassereis nichts zu sehen.

Jetzt aber haben Wissenschaftler mit dem Instrument VIRTIS auf der Kometensonde Rosetta an zwei Stellen auf dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko die Existenz von Wassereis auf der Oberfläche nachgewiesen. „Wir konnten in den Spektrometerdaten vom September und November 2014 erkennen, dass in der Region Imhotep zwei metergroße helle Flecken tatsächlich aus Eis bestanden“, erklärt Dr. Gabriele Arnold vom Deutschen Zentrum für – und (DLR). Die Berliner Planetenforscherin leitet die deutschen wissenschaftlichen Beiträge zum Instrument VIRTIS und veröffentlichte nun die Forschungsergebnisse seines internationalen Teams.

Das ist eine wichtige Entdeckung. „Obwohl Wasserdampf das Hauptgas ist, das vom Kometen in seiner aktiven Phase in Sonnennähe abgegeben wird und die Koma bildet und auch das Innere des Kometen reich an Wassereis sein dürfte, ist seine Oberfläche an Eis verarmt“, erläutert Gabriele Arnold. Offensichtlich verdampft Eis relativ rasch, sobald es an der Oberfläche dem All ausgesetzt ist und zurück bleibt eine Kometenkruste, die wasserarm und dunkel ist und vorwiegend aus komplexen Kohlenstoffverbindungen und Mineralen besteht. „Das ist das, was wir auf den Bildern der Rosetta-Kameras OSIRIS und den Navigationskameras sehen – aber eben kein Eis!“

In infraroten Wellenlängen wird das Eis sichtbar

Infrarotuntersuchungen hingegen erlauben es, die stoffliche Zusammensetzung der Kometenoberfläche zu studieren. Auf Rosetta ist für diese Untersuchungen das Spektrometer VIRTIS (Visible and Infrared Thermal Imaging Spectrometer) vorgesehen, das in Wellenlängen des sichtbaren Lichts und des nahen Infrarot operiert. Die für die Studie verwendeten VIRTIS-Untersuchungen stammen aus den Monaten September bis November 2014, wurden also zu einem Zeitpunkt gemacht, als der Komet noch etwa 450 Millionen Kilometer weit von der Sonne entfernt, noch kaum aktiv war und Rosetta sehr nah an den Kometen heran konnte.

Die Messungen zeigen zwei metergroße Stellen im Gebiet Imhotep – helle Flecke, die schon aufgrund ihres Kontrasts zur schwarzgrauen Umgebung im sichtbaren Licht zu beobachten sind und deren Untersuchung mit VIRTIS nun gezeigt hat, dass sie tatsächlich aus Eis bestehen.

Das Eis tritt an kleinen Steilhängen auf und wird mit Hangrutschungen in Verbindung gebracht, durch die es an die Oberfläche geriet. Die Temperatur betrug dort zum Zeitpunkt der Untersuchungen minus 120 Grad Celsius. Reines Eis nimmt dabei nur etwa vier Prozent der Fläche ein, die von einem VIRTIS-Beobachtungspixel abgebildet wird. Der Rest besteht aus dem dunklen Material.

Korngröße gibt über Entwicklung Aufschluss

Aus den VIRTIS-Daten lässt sich auch herauslesen, welche Größe die Eiskörnchen haben. „Da haben wir eine interessante Beobachtung gemacht: Das Eis hat dort zwei ganz unterschiedliche Körnungen“, sagt DLR-Planetenforscherin Gabriele Arnold. Die Forscher entdeckten zum einen ganz feine Eiskörnchen von nur einigen Zehner-Mikrometer Durchmesser, und eine zweite Klasse von Körnchen mit etwa zwei Millimeter Größe – ein hundert mal größerer Durchmesser. „Das deutet auf verschiedene Entstehungsmechanismen und auf unterschiedliche zeitliche Abläufe der Entstehung hin.“

Die größeren Körner „verhalten“ sich dabei ganz anders als die mikrometergroßen Eisteilchen, die in der Hapi-Region auf Churyumov-Gerasimenko entdeckt wurden: Diese werden als Frost oder Raureif interpretiert, der durch den zwölfstündigen Tag- und Nachtzyklus und als Ergebnis einer raschen Kondensation entsteht.

Im Unterschied hierzu dürften die Eiskörner in der Imhotep-Region eine komplexere Entstehungsgeschichte haben. Sie formten sich wahrscheinlich langsam und wurden erst durch kometare Aktivität und den daraus folgenden Erosionsvorgängen freigelegt. Zunächst konnten dabei die winzigen Eiskörner entstehen, die dann zu größeren sekundären Partikeln anwuchsen.

Eine Möglichkeit für solche Prozesse bietet eine Art Sintern, ein „Zusammenbacken“ oder eine zunehmende Verfestigung der porösen Altstruktur. Durch den Verlust flüchtiger Bestandteile beim Verdampfen von Wassereis, der Sublimation, und dem anschließenden Ausfrieren des Wasserdampfs (der Rekondensation) werden Hohlräume und die „Kanäle“ zwischen den Hohlräumen nach und nach geschlossen und die Eispartikel verdichtet: Die Sonnenstrahlung dringt in die Kometenoberfläche ein und löst die Sublimation des Untergrundeises aus – während ein Teil des sublimierten Eises als Wasserdampf die Koma speist, rekondensiert ein anderer Teil bereits wieder in den Eisschichten. Solche Sinterungsvorgänge in den obersten Schichten des Kometen haben auch an der Stelle, wo seit dem 12. November 2014 der Rosettas Kometenlander Philae steht, zu einer so starken Verfestigung des Kometeneises geführt, dass der Bohrer des MUPUS-Experiments nicht tief in die von lockerem Staub bedeckte Oberfläche des Kometen eindringen konnte.

Innerer Aufbau von Churyumov-Gerasimenko

Neben dem Sonnenlicht könnte die Umwandlung von amorphem in kristallines Wasser eine weitere Energiequelle für die Sublimation von Untergrundeis sein. Das Anwachsen der Eiskörner könnte Schicht um Schicht erfolgen und deshalb Auswirkungen auf die globale Struktur des Kometen haben. Dünne Eisschichten, die freigelegt werden, könnten dann Resultate der kometaren Veränderung sein. Unter den Wissenschaftlern wird seit der Ankunft an Churyumov-Gerasimenko intensiv diskutiert, wie die Evolution des Kometen verlief.

Die neuen Ergebnisse könnten zeigen, dass eine Schichtstruktur nicht zwingend schon in der Frühgeschichte des Kometen vorhanden gewesen sein musste. Verstünde man besser, wann welche dieser Strukturen während der Entwicklung des Kometen entstanden sind, und welche die Überbleibsel seiner Frühgeschichte sind, würde das einen neuen Einblick in die Entstehung dieser Körper geben. Gegenwärtig untersuchen die VIRTIS-Wissenschaftler, ob und wie sich die Eisvorkommen an der Kometenoberfläche während der Annäherung an die Sonne im Jahre 2015 verändert haben.

Auf den Bildern

Wassereis in der Region Imhotep auf Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko: Der Komet 67P, Ziel der Mission Rosetta, hat eine dunkle Oberfläche aus Staub und organischen Verbindungen, die nur etwa fünf Prozent des Sonnenlichts reflektiert. Allerdings bestehen Kometen zu einem beträchtlichen Anteil aus Wassereis. Nur an ganz wenigen Stellen konnte die Raumsonde Rosetta bisher hell reflektierendes Material feststellen. An zwei Stellen in der Region Imhotep konnten Wissenschaftler mit Daten des Spektrometers VIRTIS nachweisen, dass dort Wassereis exponiert ist. Die Breite des Bildausschnitts beträgt etwas mehr als zwei Kilometer. (Quelle: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA)

Wassereisvorkommen an Geländekanten in der Region Imhotep: Das linke Übersichtsbild der Navigationskamera auf Rosetta zeigt die Stellen, an denen das Spektrometer VIRTIS Wassereisvorkommen an Hangrutschungen am Rand der Imhotep-Region nachgewiesen hat. Die mit einem weißen Pfeil markierte Stelle ist in einer perspektivischen Ansicht in der rechten Bildleiste in den Ausschnitten b und c aus der Nähe zu sehen. Der gelbe Pfeil weist auf die zweite Stelle hin, die rechts in Ausschnitt d zu sehen ist. (Quelle: ESA/Rosetta/NavCam – CC Y-SA IGO 3.0)

Ausschnitt der Imhotep-Region mit Wassereis-Vorkommen: Entlang des unteren, abgebrochenen Randes dieser halbkreisförmigen, etwa 300 Meter großen Struktur am Rand der Region Imhotep auf dem Kometen Churyumov-Gerasimenko befindet sich eine der Stellen, an denen Wassereis auf der Kometenoberfläche nachgewiesen wurde. Vermutlich wurde es durch Erosionsprozesse freigelegt. (Quelle: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA)

Der spektrale Nachweis von Wassereis auf Churyumov-Gerasimenko: Diese Graphik zeigt den Verlauf des normierten Reflexionsvermögens einer hellen Stelle in der Region Imhotep. Die Messungen illustrieren den spektralen Verlauf im nahen Infrarot in Wellenlängen von einem bis vier Mikrometern. Die rote Kurve zeigt die einzelnen Messpunkte mit den so genannten „Fehlerbalken“, darüber ist in einer blauen Kurve das modellierte Reflexionsvermögen gelegt, das nahezu deckungsgleich mit dem Verlauf der Messungen auf dem Kometen ist. Die Einbuchtungen bei 1,5 Mikrometern, bei 2,0 Mikrometern und bei 3,0 Mikrometern sind diagnostisch für Wassereis. (Quelle: ESA/VIRTIS/Rosetta/INAF-IAPS, Rome /OBS DE -LESIA/DLR)