Erst 1.566 Kilogramm Explosivstoff unter sich, dann eine Aufstiegsgeschwindigkeit von 6,5-facher Schallgeschwindigkeit oder auch 2.000 Metern in der Sekunde, ein Flug in 253 Kilometer Höhe und eine senkrechte Landung im feuchten Erdboden Schwedens. So etwas gehört nicht zu dem, was man zur Alltagserfahrung zählen kann.
Erleben kann man es dennoch – wenn auch bequem vor dem Bildschirm sitzend. Eine Kamera im oberen Teil der über zwölf Meter hohen Höhenforschungsrakete Mapheus5 des Deutschen Zentrums für Luft– und Raumfahrt (DLR) hat nämlich genau dies am 30. Juni 2015 erstmals aufgezeichnet – mit diesem Video hat jetzt jeder einen Platz in der ersten Reihe.
Um 06:55 Uhr wird im Kontrollraum des schwedischen Raketenstartplatzes Esrange der entscheidende Knopf gedrückt, und Mapheus5 startet aus dem Inneren des rund 30 Meter hohen Startturms Skylark. Nachdem die erste Raketenstufe die Rakete beschleunigt hat und abgetrennt wurde, zündet die zweite Stufe. Zu diesem Geräusch kommt noch das der Atmosphäre, die am Kamera-Mikrofon vorbeirauscht. Auf der goldfarbenen Oberfläche der Rakete lagert sich nun unmittelbar vor der Kamera das Abriebmaterial der Raketenspitze ab.
Noch dreht sich Mapheus5, um im Flug stabil zu bleiben. Dies ändert sich erst mit dem Yo-Yo-System, das die Drehung der Höhenforschungsrakete um die eigene Achse innerhalb von 1,6 Sekunden fast vollständig stoppt. Dann wird die ausgebrannte zweite Raketenstufe, die Oberstufe, vom oberen Nutzlastteil, in dem die vier Experimente der Mission installiert sind, abgetrennt. Kaltgasdüsen bremsen nun das letzte bisschen Rotation ab – zu hören ist dabei ein klackerndes Geräusch.
Schwerelosigkeit für die Experimente
Erst jetzt – bei vollständig „ruhiggestellter“ Nutzlast – beginnt in etwa 100 Kilometer Höhe die Phase der Schwerelosigkeit: Im Inneren laufen nun die wissenschaftlichen Experimente ab. Für sechs wertvolle Minuten ist die störende Erdanziehungskraft „ausgeschaltet“. Still ist es, während sich die Nutzlast außerhalb der Atmosphäre befindet. Beim Wiedereintritt beginnt sich dann das abgelagerte Material auf der Raketenoberfläche wieder zu verflüssigen und löst sich. Schließlich wird der Fallschirm ausgelöst: Die Nutzlast beginnt zu schaukeln und sinkt mit den Instrumenten an Bord in Richtung Erde. Zum Schluss bohrt sich die Raketennutzlast senkrecht in den Boden.
Dies geschieht auf relativ trockenem Gelände, gut sichtbar alleine schon durch den leuchtend orangefarbenen Fallschirm. Mit zwei Hubschraubern fliegt ein Team aus MORABA-Mitarbeitern, DLR-Wissenschaftlern und Mitarbeitern der Swedish Space Corporation (SSC) zur Landestelle. Allerdings ist dies dann schon wieder eine andere Kameraperspektive, die der ein oder andere auch im alltäglichen Leben tatsächlich schon einmal selbst erlebt hat.
Die Bilderserie entstammt dem Video der Kamera. Das Video kann unter diesem Link angesehen oder herunter geladen werden.
Bilder: DLR (CC-BY 3.0)