Kraftstoffvorratsanzeige: Aausfall einer Beech E 33 C

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Der Luftfahrzeugführer startete um 10:50 Uhr zu einem Platzrundentraining auf der Piste 27 des Sonderlandeplatzes Neustadt/Aisch (EDQN). Nach zwei Platzrunden setzte er im Endanflug zu einem über Funk angekündigten Durchstartmanöver an.

Identifikation

  • Art des Ereignisses: Unfall
  • Datum: 14. Juni 2013
  • Ort: nahe Flugplatz Neustadt/Aisch
  • Luftfahrzeug:
  • Hersteller / Muster: Beech Aircraft Corp. / Beech E 33 C
  • Personenschaden: eine Person tödlich verletzt
  • Sachschaden: Luftfahrzeug zerstört
  • Drittschaden: Flurschaden

Ereignisse und weiterer Flugverlauf

Ein sachkundiger Zeuge bemerkte ab der halben Landebahnlänge einen unregelmäßigen Motorlauf des Luftfahrzeuges. Zwei weitere Zeugen hörten Motoraussetzer und anschließend registrierten sie den Stillstand des Motors. Der überflog den an den Flugplatz angrenzenden Wald und die dahinterliegende Eisenbahnstrecke. Es wurde beobachtet, dass das Luftfahrzeug im Anschluss über die linke Tragfläche abkippte und auf dem Boden aufschlug. Der erlitt tödliche Verletzungen und das Luftfahrzeug wurde zerstört. Abb. 2 zeigt den Flugweg der Beech E 33 C (Google EarthTM-Kartenservice, BFU).

Angaben zu Personen

Der 70-jährige Luftfahrzeugführer war seit dem 18.08.1987 Inhaber einer Lizenz für Privatpiloten, ausgestellt nach den Richtlinien der . Die Erlaubnis war bis zum 06.08.2013 gültig. Er besaß die Berechtigung als verantwortlicher Pilot auf einmotorigen Landflugzeugen (SEP land), gültig bis 10.08.2013.

Weiterhin war er im Besitz eines Luftfahrerscheines für Segelflugzeugführer. Sein flugmedizinisches Tauglichkeitszeugnis Klasse 2 war bis zum 04.10.2013 gültig. Er hatte die Auflage, eine Brille zu tragen sowie eine Ersatzbrille mitzuführen. Die Gesamtflugerfahrung betrug laut letztem Flugbucheintrag 554:47 Stunden bei 1.160 Starts und Landungen auf Motorflugzeugen.

Angaben zum Luftfahrzeug

Das Beech E 33 C ist ein 4-sitziger, einmotoriger Tiefdecker mit einziehbarem Fahrwerk. Das betroffene Flugzeug wurde 1969 gebaut und war mit einem 6-Zylinder-Continental IO-520-B-Triebwerk mit 210 kW (285 PS) und verstellbarem Dreiblatt-Propeller ausgerüstet. Im Cockpit war im Instrumentenbrett ein zwischen den vorderen Sitzen schwenkbares Steuerhorn eingebaut. Das Luftfahrzeug war in zum Verkehr zugelassen und wurde privat betrieben.

Die Leermasse des Luftfahrzeuges lt. Wägebericht vom 13.11.2012 betrug 955,5 kg und die maximale Abflugmasse 1.497 kg. Die Beladung und der Schwerpunkt lagen innerhalb der zulässigen Grenzen. Die letzte Prüfung der Lufttüchtigkeit war am 10.12.2012. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch eine 100-Stunden-Kontrolle durchgeführt. Das Luftfahrzeug hatte nach der letzten Kontrolle bis zum letzten Eintrag im Bordbuch (12.06.2013) eine Betriebszeit von 02:08 Stunden. Die Gesamtbetriebszeit betrug 1.568:55 Stunden bei 1.844 Starts und Landungen.

Meteorologische Informationen

Am Flugplatz Neustadt/Aisch herrschten nach Angaben der Flugleitung folgende Wetterbedingungen:

  • Wind: 270° / 5 kt
  • Bodensicht: über 10 km
  • Temperatur: 15 °C
  • Luftdruck: 1 000 hPa
  • Wolkenuntergrenze: ca. 3 500 ft GND

Funkverkehr

Es bestand Funkverbindung mit dem Luftfahrzeug auf der Frequenz 118,925 MHz. Der Funkverkehr wurde nicht aufgezeichnet.

Angaben zum Flugplatz

Der Sonderlandeplatz Neustadt/Aisch befindet sich 1,3 nautische Meilen (NM) nordwestlich von Neustadt a. d. Aisch. Er verfügt über eine Asphaltbahn 09/27 (092°/272°) mit den Abmessungen 600 m mal 15 m. Die verfügbare Startrollstrecke für beide Startrichtungen beträgt 660 m. Die ausgewiesene nördliche Platzrundenhöhe für Motorflugzeuge beträgt 2.000 ft AMSL und die Flugplatzhöhe 1.198 ft AMSL. Der Sonderlandeplatz ist u. a. für Luftfahrzeuge bis 5.700 kg zugelassen und wird von einem Verein betrieben.

Unfallstelle und Feststellungen am Luftfahrzeug

Die Unfallstelle lag ca. 800 Meter westsüdwestlich des Sonderlandeplatzes Neustadt/ Aisch auf einem freien Feld, ca. 60 Meter hinter einer quer zur Flugrichtung verlaufenden zweigleisigen Eisenbahnstrecke. Unmittelbar neben den Bahngleisen verläuft eine ca. 20 Meter hohe Freileitung. Der Rumpf des Luftfahrzeuges zeigte in Richtung ca. 260°. Das Triebwerk war aus der Aufhängung gerissen. Der Propeller lag ca. vier Meter vor dem Luftfahrzeug. Zwei Propellerblätter waren nach hinten und ein Blatt nach vorn gebogen. Teile der Triebwerksverkleidung lagen vor dem Triebwerk.

Das Cockpit mit dem Instrumentenbrett war zerstört und das Steuerhorn herausgerissen. Der Tankwahlschalter wurde in der Position „rechter Tank“ vorgefunden. Der Fahrwerksbedienhebel stand in der Stellung „ausgefahren“, der Propellerhebel stand auf „kleine Steigung“, der Gashebel auf „Vollgas“ und der Hebel für die Gemischregelung auf „arm“. Der Schalter für die elektrisch betriebenen Landeklappen war abgebrochen, die Anzeige der Landeklappenstellung stand auf „eingefahren“. Die war bis zu den hinteren Sitzen zerstört und die rechte Tür lag ca. sieben Meter rechts neben dem Flugzeug.

Der äußere Teil der linken Tragfläche war auf ca. zwei Meter gestaucht und nach hinten gebogen. Die Unter- und Oberseite der rechten Tragfläche war gestaucht. Das Tietelbild und Abb. 3 zeigen die Unfallstelle (Foto: ).

Aus dem rechten Kraftstofftank wurde eine Kraftstoffmenge von ca. fünf Litern entnommen. Der linke Kraftstofftank war im Bereich des Einfüllstutzens sowie an der Unterseite aufgerissen. Im Tank wurde kein Kraftstoff nachgewiesen. Unterhalb des Tanks war das Erdreich mit Kraftstoff unbekannter Menge kontaminiert. Bei der Überprüfung der Kraftstoffverteilerspinne am Triebwerk und der zu den sechs Zylindern führenden Kraftstoffleitungen wurde kein Kraftstoff festgestellt.

Brand

An der Unfallstelle entstand kein Brand.

Überlebensaspekte

Aufgrund der Art der Verletzungen war der Unfall für den Piloten nicht überlebbar.

Zusätzliche Informationen

Die letzte Betankung des Luftfahrzeuges erfolgte mit 187,97 Liter. Danach wurde es laut Bordbucheintrag an fünf Tagen mit einer Gesamtflugzeit von 03:27 Stunden mit sechs Landungen betrieben. Der letzte Flug mit 01:19 Stunden und einer Landung war zwei Tage vor dem Unfall. Bei einem durchschnittlichen Kraftstoffdurchfluss von ca. 10 gal/h (38 l/h) ergibt sich ein Verbrauch von ca. 140 l (einschließlich Rollen). Ungeachtet der im Luftfahrzeug vor dem letzten Tanken noch vorhandenen Kraftstoffrestmenge müssen im linken Tank noch ca. 50 l vorhanden gewesen sein. Hinweise, dass Kraftstoff vor den letzten Flügen unbemerkt aus den Tanks geflossen ist, haben sich nicht ergeben.

Im Flughandbuch (POH) der Firma wird unter Punkt 1 „Limitations“ der Kraftstoffvorrat und die nicht ausfliegbare Restkraftstoffmenge je Tank beschrieben:

  • Maximum usable fuel of each 40 gal. main tank is 37 gallons.

Die nicht ausfliegbare Kraftstoffmenge pro Tragflächentank beträgt drei Gallonen (11,35 l).

Ein weiterer Hinweis unter diesem Punkt im Handbuch ist:

  • Do not take off if Fuel Quantity Gauge indicate in yellow arc or with less than 13 gallons in each main tank

Ein entsprechender Aufkleber befand sich zusätzlich am Instrumentenbrett im Cockpit.

Beide Kraftstoffvorratsanzeigen wurden auf den angehängten Bildern markiert, Abb. 4 und 5: Kraftstoffvorratsanzeigen für den linken und rechten Tank (Fotos: K-aircraft Jets&Props/Bearbeitung BFU).

Bei dem nach links geschwenkten Steuerhorn war der Blick des Piloten auf die Kraftstoffvorratsanzeigen teilweise verdeckt.

Der Kraftstoffwahlschalter war im Cockpit unterhalb des linken Sitzes im Fußraum angeordnet, Abb. 6: Kraftstoffwahlschalter (Foto: K-aircraft Jets&Props /Bearbeitung BFU).

Beurteilung

Der Pilot war ausreichend lizenziert und mit seiner Flugerfahrung auf dem betroffenen Muster für die Durchführung des Fluges qualifiziert. Das Flugwetter war für die Durchführung eines Sichtfluges sehr gut geeignet. Das Luftfahrzeug war ordnungsgemäß zugelassen. Die letzte Prüfung der Lufttüchtigkeit wurde am 10.12.2012. durchgeführt.

Die Untersuchung des Luftfahrzeuges ergab keine technischen Mängel. Die Art der Zerstörung des Luftfahrzeuges und die Spuren am Boden deuteten darauf hin, dass das Flugzeug mit geringer Vorwärtsgeschwindigkeit über die linke Tragfläche abkippte und auf den Boden prallte. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Überziehgeschwindigkeit bei dem Überfliegen der Freileitung unterschritten wurde.

Die Feststellungen am Wrack und die Zeugenaussagen sprechen für einen Triebwerksausfall aufgrund von Kraftstoffmangel. Nach der Rekonstruktion des Kraftstoffvorrates hat sich ergeben, dass im linken Tank noch ca. 50 Liter Kraftstoff gewesen sein mussten.

Die Tatsache, dass der direkte Blick des Piloten auf die Kraftstoffvorratsanzeigen durch das nach links geschwenkte Steuerhorn teilweise abgedeckt war und der für den Piloten ungünstig zu erreichende Kraftstoffwahlschalter können zum Unfall beigetragen haben. Bedingt durch die geringe gelang es dem Piloten möglicherweise nicht, auf den linken Kraftstofftank umzuschalten, sodass das Triebwerk wieder mit Kraftstoff versorgt wurde.

Der Pilot flog wahrscheinlich den rechten Kraftstofftank unbemerkt leer. Das Triebwerk wurde somit während des Durchstartmanövers beim Übergang in den Steigflug nicht mehr mit Kraftstoff versorgt und fiel aus.

Schlussfolgerungen

Der Flugunfall ist darauf zurückzuführen, dass

  • es in geringer Höhe aufgrund einer Fehlbedienung der Kraftstoffanlage zum Triebwerksausfall kam,
  • bei der anschließenden Notlandung das Flugzeug in den überzogenen Flugzustand geriet.

Alle angegebenen Zeiten, soweit nicht anders bezeichnet, in Ortszeit. Quelle und Bilder, sofern nicht anders angegeben: BFU.