Die Landung gehört zu den arbeitsintensivsten Phasen eines Fluges. Um die Piloten bei den komplexen Handlungsabläufen für einen möglichst lärmarmen Anflug zu unterstützen, hat das Deutsche Zentrum für Luft– und Raumfahrt (DLR) das Pilotenassistenzsystem LNAS (Low Noise Augmentation System) entwickelt.
Das Assistenzsystem LNAS zeigt dem Piloten auf einem Display, dem Electronic Flight Bag (EFB), die optimalen Zeitpunkte für jede Handlung während des Landeanflugs. Diese Grafik, die durch ihre einfache Form intuitiv und auf einen Blick erfasst werden kann, dient als langfristige Planungsgrundlage für den gesamten Anflug. Vom 26. bis zum 28. September sind in einem gemeinsamen Forschungsvorhaben mit dem Umwelt- und Nachbarschaftshaus (UNH) in Kelsterbach Erprobungsflüge mit dem DLR-Forschungsflugzeug Airbus A320 ATRA unter Realbedingungen während des Hochbetriebs des Frankfurter Flughafens geplant. Zur Vorbereitung nahmen 17 Piloten vier verschiedener Airlines im Simulatorcockpit neben DLR-Testpiloten Platz. Gefördert wird das Projekt LNAS vom Umwelt- und Nachbarschaftshaus (UNH) Kelsterbach sowie vom Technologiemarketing des DLR.
Zum richtigen Zeitpunkt optimal handeln
„Das präzise Fliegen von vertikalen Profilen eines lärmarmen Anflugverfahrens stellt mit den sich stetig ändernden Bedingungen wie Wind und Fluggewicht eine hochkomplexe Aufgabe dar“, erklärt der LNAS-Projektleiter Dr.-Ing. Fethi Abdelmoula vom Braunschweiger DLR-Institut für Flugsystemtechnik, wo das neue Assistenzsystem entwickelt und im Simulator erprobt wird. „Um möglichst lärmarm landen zu können, ist ein optimaler Energiehaushalt während des Anfluges essentiell. Das bedeutet, dass ein Flugzeug von der aktuellen Reiseflughöhe bis zur Stabilisierungshöhe für die Landung möglichst gleichmäßig auf niedrigem Schubniveau und ohne unnötige Schubveränderungen fliegt“, so Abdelmoula weiter.
„Auf dem Display sieht der Pilot das ideale vertikale Anflugprofil, das in unterschiedliche Phasen aufgeteilt ist“, erklärt Abdelmoula. „Die optimalen Zeitpunkte für das Setzen der Landeklappen, das Erreichen der Zwischenflughöhe und das Ausfahren des Fahrwerks sind im Anflugprofil jeweils markiert.“ Handelt der Pilot nach diesen Vorgaben, kann der Anflug von der Reiseflughöhe bis hinunter auf die Stabilisierungshöhe von 1.000 Fuß über Grund mit minimalem Schub und damit möglichst geringer Geräuschentwicklung und möglichst geringem Treibstoffverbrauch durchgeführt werden.
Bremsklappeneinsatz vermeiden
Bei den Tests im Simulatorzentrum AVES (Air VEhicle Simulator) des DLR in Braunschweig wurden im A320-Cockpit verschiedene Anflüge auf den Frankfurter Flughafen unter variierenden Randbedingungen durchgeführt, wie es später auch für die realen Flüge geplant ist. Die Bedingungen jedes Anflugs sind dabei sehr individuell: Wetterlage, Sichtbedingungen, das Gewicht des Flugzeugs oder auch die Vorgaben des Flugverkehrsmanagements beeinflussen jede Landung unterschiedlich. Deshalb werden während des gesamten Anflugs stets die aktuellen Eingaben und veränderbaren Umgebungsbedingungen im Assistenzsystem berücksichtigt.
Ändern sich beispielsweise die Vorgaben des Flugverkehrsmanagements oder führt der Pilot eine Handlungsvorgabe wie das Setzen der ersten Klappenstellung zur Verzögerung der Geschwindigkeit nur wenige Sekunden früher oder später als vom System vorgegeben durch, werden alle nachfolgenden Handlungsschritte angepasst. Damit wird das jeweils zum aktuellen Zeitpunkt optimale Anflugprofil, in Hinblick auf das Einhalten der Stabilitätsbedingungen, eine möglichst niedrige Triebwerksdrehzahl und die vollständige Vermeidung des Einsatzes von lärmintensiven Bremsklappen, vorgegeben. Die Ergebnisse aus dem Simulator stimmen LNAS-Projektleiter Abdelmoula zuversichtlich: „Die intuitive Steuerung und der Optimierungsalgorithmus für das vertikale Anflugprofil haben sich bereits bewährt.“ Auf dem Titelfoto: DLR-Testpilot Stefan Seydel im beweglichen A320-Cockpit des Simulatorzentrums AVES. Im Hintergrund ist die Displayanzeige des neuen Pilotenassistenzsystems für lärmarmes Landen zu sehen (Bilder-Quelle: DLR CC-BY 3.0).