Paderborn-Lippstadt Airport saniert: Eigenregie beendet Insolvenz

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Der Paderborn-Lippstadt Airport ist jetzt nachhaltig saniert. Die Rückkehr in den regulären Geschäftsbetrieb zum 01. Mai wird möglich, nachdem das Amtsgericht Paderborn die Insolvenz in Eigenverwaltung der /Lippstadt GmbH nach nur sieben Monaten aufgehoben hat. Damit kehrt der Paderborn-Lippstadt Airport nun, vollständig entschuldet und finanziell nachhaltig aufgestellt, in die eigenständige Geschäftsführung zurück.

Geschäftsführer bleibt Dr. Marc Cezanne, der seit 2013 das Unternehmen leitet. Dr. Yorck T. Streitbörger vom Bielefelder Büro der überregionalen Wirtschaftskanzlei Streitbörger als Generalbevollmächtigter und Stefan Meyer vom Lübbecker Büro der PLUTA Rechtsanwalts GmbH als der Sachwalter haben ihre Aufgaben zur Sanierung mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erfolgreich erfüllt.

Gesellschafter der neu aufgestellten Flughafen Paderborn/Lippstadt GmbH

Gesellschafter der neu aufgestellten Flughafen Paderborn/Lippstadt GmbH sind die Kreise Paderborn (77,94 %), Soest (12,26 %), Hochsauerlandkreis und Höxter mit jeweils 3,92 % sowie die IHK Ostwestfalen zu Bielefeld (1,57 %) und die IHK Lippe zu Detmold (0,39 %). Die Stadt Bielefeld ist seit dem 01. Januar ausgeschieden, hat ihre Anteile an den Kreis Paderborn abgegeben und zahlte diesem einmalig 2,5 Millionen Euro. Die Kreistage der Kreise Gütersloh und Lippe haben beschlossen, mit dem Abschluss des Insolvenzverfahrens rückwirkend zum 01. Januar ebenfalls als Gesellschafter auszuscheiden. Die genannten Beteiligungsverhältnisse entsprechen der Verteilung vorbehaltlich der Umsetzung der Beschlüsse.

Die Gläubiger haben ihren Beitrag zur Sanierung vor allem mit der Zustimmung zu einer Insolvenzquote von 25 Prozent geleistet. Auch die Belegschaft trug einen großen Teil der Last durch ihre Verkleinerung von ehemals 165 auf nur noch 64 Beschäftige. Den ausgeschiedenen Mitarbeitern konnte mit großer Unterstützung der Gesellschafter entweder ein neuer Arbeitsplatz oder der Wechsel in eine attraktiv ausgestattete Transfergesellschaft angeboten werden, sodass der Arbeitsplatzabbau so sozialverträglich wie möglich gestaltet wurde.

Für Rüther, Landrat des Kreises Paderborn und Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafen Paderborn/Lippstadt GmbH, geht der Blick nun nach vorne: „Die Aussichten sind positiv! Vor uns liegt jede Menge Arbeit, aber wir haben gute Voraussetzungen, um die Zukunft für unseren heimischen Flughafen entsprechend zu gestalten. Mein Dank gilt allen Beteiligten, die einen hervorragenden Job für den Paderborn-Lippstadt Airport und somit für den Kreis Paderborn und die Region gemacht haben.“

„Wir freuen uns sehr, dass die Neuaufstellung in nur sieben Monaten geglückt ist“, sagt Streitbörger über die bundesweit einzigartige Sanierung eines vormals verlustreichen Airports. „Als erster Regionalflughafen in Deutschland hat sich der Paderborn-Lippstadt Airport aus eigener Kraft und nachhaltig neu aufgestellt.“ Meyer fügt hinzu: „Alle Beteiligten haben in diesem Verfahren mit Pioniercharakter hervorragend zusammengearbeitet und dafür gesorgt, dass die Region ihren vollwertigen Flughafen behält, dem infrastrukturell eine hohe Bedeutung zukommt.“

Flughafen-Geschäftsführer Cezanne hofft für den Sommer darauf, dass mehrere den Paderborn-Lippstadt Airport nutzen werden. Selbst für den Fall, dass sich die Corona-Krise noch eine Weile hinziehen sollte, sei der Flughafen finanziell solide aufgestellt. „Wir haben so vorsichtig geplant, dass die finanziellen Mittel auch bei etwas länger als erwartbar anhaltenden Einschränkungen des Flugverkehrs ausreichen würden.“ Der Paderborn-Lippstadt Airport sei zurück und werde bleiben. „Jetzt kommt es darauf an, dass die Wirtschaft und Urlaubsreisende ihrem Heimatflughafen weiterhin die Treue halten.“

Insolvenz in Eigenverwaltung: Das Verfahren

Die Flughafen Paderborn/Lippstadt GmbH war zahlungsfähig, als das Verfahren der Insolvenz in Eigenverwaltung begann. Das Unternehmen nutzte Möglichkeiten der Sanierung, solange dafür noch genügend Zeit war und noch ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung standen.

Das Unternehmen ist mit Antrag vom 22. September 2020 ins damals zunächst vorläufige Eigenverwaltungsverfahren gestartet. Das Amtsgericht hat dann am 01. Dezember 2020 das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet. Es hat den Insolvenzplan geprüft und am 21. Dezember 2020 für zulässig befunden. Die größten Gläubiger waren die Sparkasse Paderborn und die Kommunale Zusatzversorgungskasse (KVW) aus Münster sowie die Bundesagentur für Arbeit.

Die Gläubigerversammlung hat den Sanierungsplan am 29. Januar 2021 einstimmig angenommen und damit das Unternehmen weitestgehend entschuldet. Das Amtsgericht Paderborn hat daraufhin den Sanierungsplan mit formellem Beschluss festgestellt; dieser Beschluss ist rechtskräftig. Die Insolvenzplanquote von 25%, die vergleichsweise erfreulich hoch ist, konnte bereits an die Gläubiger ausgeschüttet werden.

Dr. Yorck T. Streitbörger hat den Insolvenzplan in enger Abstimmung mit dem vom Amtsgericht Paderborn eingesetzten Sachwalter Stefan Meyer erstellt und dabei die einzelnen Gläubigergruppen einbezogen. Aufgabe des Sachwalters war es, die Geschäftsführung zu überwachen und gemeinsam mit dem Generalbevollmächtigten die Gläubigerrechte im Verfahren zu wahren. Auch über ihre vorrangige Aufgabe hinaus haben Meyer und sein Team die Anstrengungen für die Sanierung tatkräftig unterstützt. Für Meyer ist das Engagement mit Verfahrensaufhebung nun beendet; für Streitbörger verbleiben nur noch Restaufgaben.

In einer Regelinsolvenz hätte nach den Berechnungen des Insolvenzplans wegen erheblicher Abwicklungskosten keine Quote an die Gläubiger gezahlt werden können und wären zudem sämtliche Arbeitsplätze verloren gegangen. Ein Verkauf des Geschäftsbetriebs im Ganzen erwies sich als nicht gangbar. Keiner von 110 angesprochenen Investoren hat ein verwertbares Angebot eingereicht. Das Eigenverwaltungsverfahren hat sich somit als sehr vorteilhaft erwiesen.

Auch während der Restrukturierungen blieb „PAD“ ein im 24-Stunden-Betrieb für bis zur Kategorie E, was einer 777 entspricht.

Der neu aufgestellte Flughafen

Der zurzeit noch stark reduzierte und die geschlossene Gastronomie im Terminal sind keine Folge der Insolvenz in Eigenverwaltung, sondern allein der Corona-Pandemie geschuldet.

Der jährliche Zuschuss der Gesellschafter sinkt nach der erfolgreichen Sanierung von vormals bis zu fünf Millionen Euro auf maximal 2,5 Millionen Euro. Dieser Betrag ist kein Verlustausgleich, sondern finanziert die hoheitlichen Aufgaben eines vollwertigen Flughafens, der seine Betriebspflicht rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr erfüllt. Ein Großteil dieser Mittel sichert, dass die Feuerwehr jederzeit einsatzbereit ist.

Nachdem die Belegschaft von vormals 170 auf 64 Beschäftigte schrumpfen musste, entfallen 44 Arbeitsplätze auf die Feuerwehr. Die Feuerwehrleute übernehmen neben ihren Bereitschaftsdiensten nunmehr auch Aufgaben der Bodenverkehrsdienste. Ohne den harten personellen Einschnitt wäre die Sanierung nicht möglich und die Regelinsolvenz mit drohender Stilllegung unabwendbar gewesen.

Das verbleibende Personal reicht aus, um anstelle von jährlich 700.000 Fluggästen vor der Corona-Krise nunmehr bis zu 300.000 zu bewältigen. Dieser Ansatz folgt der erwarteten Marktentwicklung bei . Sollten die darüber hinaus steigen, könnte sich der für die Region bedeutsame Flughafen darauf einstellen und jederzeit sachgerecht reagieren.

„BQG – Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften“

Für diejenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitsstellen verloren gingen, ist bestmöglich gesorgt. Es gab für viele von ihnen erfolgreiche Anstrengungen, sie in neue Arbeitsverhältnisse zu vermitteln. 36 Personen sind zum Jahresende 2020 in eine finanziell gut ausgestattete Transfergesellschaft im Rahmen des mit dem Betriebsrat vereinbarten Sozialplans gewechselt. Solche „BQG – Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften“ haben das Ziel, Arbeitnehmer wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Für bis zu zwölf Monate zahlt die Transfergesellschaft ihre Gehälter, unterbreitet ihnen Angebote zur Weiterbildung und unterstützt sie bei der Suche nach neuen Beschäftigungsverhältnissen. 16 von ihnen haben bereits neue Arbeitsstellen gefunden, elf stehen vor dem Ruhestand und neun erhalten Unterstützung in Bewerbungsverfahren.

Dass der Paderborn-Lippstadt Airport zuversichtlich in die Zukunft blickt, zeigen auch Sachinvestitionen. So hat die Flughafenfeuerwehr drei neue, aus Kostengründen gebrauchte Löschfahrzeuge zum Preis von insgesamt rund 500.000 Euro beschafft, um auch bei reduziertem Personalstamm und Übernahme anderer Aufgaben ihrer Mitarbeiter im Flughafenbetrieb weiterhin 24 Stunden am Tag innerhalb von 180 Sekunden an jedem Ort des weitläufigen Flughafengeländes einsatzbereit zu sein. Ebenfalls der Neuaufstellung der Feuerwehr dient der laufende Umbau eines Hangars zum Feuerwehrstützpunkt mit Ruheräumen, der eine weitere Investition von rund 500.000 Euro bedeutet.