An Bord der ISS hat heute früh das Experiment Plasma Kristall-4 von ESA und ROSKOSMOS seine erste wissenschaftliche Experiment-Kampagne beendet. Im europäischen Columbus Modul belegt Plasma Kristall-4 knapp 60 Prozent des EPM-Racks (European Physiology Module).
EPM verfügt über die notwendigen Kommunikationsschnittstellen und sorgt für die Stromversorgung und Kühlung des Labors. „Plasma Kristall-4 wurde gezielt für die Untersuchung der flüssigen Phase komplexer Plasmen ausgelegt. Die Wissenschaftler können unter anderem die Strömungseigenschaften in Mikropartikelwolken untersuchen“, erklärt OHB-Mitarbeiter Dr. Roland Graue, in dessen Direktorat das Projekt läuft. Die OHB System AG verantwortet im Auftrag der ESA alle Systemaufgaben dieses permanenten Forschungslabors, das der weiteren Erforschung komplexer Plasmen in der Schwerelosigkeit dient. Mit Plasma Kristall-4 kam vor einem Jahr das dritte Plasmalabor aus dem Hause OHB System an Bord der Raumstation.
Das Plasmalabor soll über vier Jahre hinweg vierteljährlich und für je eine Woche im europäischen Columbus-Modul betrieben werden. Das Experiment wird durch das Bodenkontrollzentrum CADMOS bei Toulouse betreut; stets in Kooperation mit einem entsprechend geschulten Kosmonauten. „Im Bodenkontrollzentrum CADMOS verfolgen OHB-Mitarbeiter aus den Teams Plasma Kristall-4 und EPM zusammen mit Wissenschaftlern die Arbeiten im Columbus-Modul und sorgen für einen möglichst reibungslosen Forschungsbetrieb“, berichtet Dr. Graue.
Plasma – der Stoff, aus dem die Sterne sind
Plasmakristalle werden seit 2001 an Bord der ISS erforscht. Plasma ist neben fest, flüssig und gasförmig der vierte Aggregatszustand von Materie. Plasmen sind geladene, also elektrisch leitende Gase, wie wir sie von Leuchtstoffröhren oder Plasmafernsehern kennen. Im All befinden sich mehr als 99 Prozent der sichtbaren Materie wie Sterne und Gaswolken im vierten Aggregatszustand. Die mit Plasma Kristall-4 untersuchten Plasmen sind komplexer Natur, d.h. sie sind aus Ionen, Elektronen, Neutralgas und Staubteilchen zusammengesetzte Plasmen. Die elektrostatische Wechselwirkung der stark negativ aufgeladenen Mikropartikel zeigt eine Fülle für die Grundlagenforschung interessanter Phänomene auf.
2001 wurde mit dem ersten Plasmalabor PKE-Nefedov im russischen Segment der noch „jungen“ ISS der Beginn der wissenschaftlichen Arbeiten eingeläutet. Plasma Kristall-4 setzt ebenfalls einen Meilenstein, da erstmals ein internationales Experiment von ESA und ROSKOSMOS im europäischen Columbus-Modul von russischen Kosmonauten betreut wird. Den Auftakt macht gerade Oleg Kononenko mit der ersten wissenschaftlichen Kampagne von Plasma Kristall-4. Kononenko hat bereits 2012 im russischen Segment der ISS mit der Vorläuferanlage PK-3 Plus erfolgreich Plasmakristalle erforscht.
Plasma Kristall-4 ROSKOSMOS
Die OHB System AG führt die Plasma Kristall-4 Arbeiten im direkten Auftrag der ESA durch und arbeitet eng mit dem Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik (MPE) und der aus dem MPE hervorgegangenen „Forschungsgruppe Komplexe Plasmen“ im DLR sowie Wissenschaftlern am Moskauer Institut JIHT (Joint Institute for High Temperatures) zusammen. Die russische Raumfahrtbehörde ROSKOSMOS brachte das Plasmalabor zur ISS, stellt die Crew-Zeit und sorgt für den Transport der Experimentdaten zur Erde.
Auf dem Titelbild: die Plasma Kristall-4 Hardware. Die von OHB System verantworteten Bestandteile des Plasmalabors umfassen die Experimentier-Einheit (links) sowie Rack-Einschübe für Stromver-sorgung, Kommunikation und Datenaufzeichnung. Abb. 2: ISS030-E-016793 – Kosmonaut Oleg Kononenko installiert das Plasmalabor PK-3 Plus an Bord der ISS (2011/10; Quelle: NASA).