Es ist mit einem Durchmesser von fast 1.000 Kilometern der größte Asteroid, den es gibt – und dennoch ist Ceres, die 2006 vom Asteroiden zum Zwergplaneten "aufstieg", auf der Aufnahme der Dawn-Sonde vom 01. Dezember 2014 gerade einmal neun Pixel breit.
1,2 Millionen Kilometer liegen derzeit noch zwischen der Sonde und ihrem Ziel und so zeigt die Kamera den Zwergplaneten auch noch recht winzig. Im März 2015 soll die amerikanische Sonde, die bereits den Asteroiden Vesta umkreiste und untersuchte, an Ceres ankommen. Der Zwergplanet könnte nicht nur eine dicke Eiskruste haben, sondern darunter sogar einen Ozean aus Wasser verbergen. "Ich bin mir jetzt schon sicher, dass wir viele Antworten über den Ursprung unseres Sonnensystems erhalten werden – und auch jede Menge neuer Fragen", sagt Prof. Ralf Jaumann, Planetenforscher am Deutschen Zentrum für Luft– und Raumfahrt (DLR) und Wissenschaftler im Kamera-Team.
Überraschende Bilder einer fernen Welt
Die NASA-Sonde Dawn startete am 27. September 2007 und erreichte am 16. Juli 2011 den Asteroiden Vesta. Für die Planetenforscher öffnete sich damit eine Tür in eine unerwartet abwechslungsreiche Welt: Ein Berg, doppelt so hoch wie der Mount Everest, schroffe Oberflächen und Hänge, ein riesiger Einschlagskrater am Südpol, tief durchfurchte Landschaften und eine aufgewühlte Kruste machten Vesta zu einer Fundgrube für die Wissenschaftler.
"28.000 Bilder wurden aufgenommen und jedes einzelne war voller Überraschungen für uns", sagt Prof. Jaumann. Innerhalb eines Jahres konnten die DLR-Planetenforscher den ellipsenförmigen Asteroiden vermessen, kartieren und ein dreidimensionales Geländemodell erstellen. Der erste Blick in die Morgendämmerung unseres Sonnensystems, als sich vor 4,6 Milliarden Jahren die Planeten formten, war getan.
Nun folgt mit Ceres ein weiterer, bisher noch nie erkundeter Himmelskörper: Der Zwergplanet ist der größte Körper im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter und vereint mehr als ein Drittel der gesamten Masse des Asteroidengürtels. Seine Größe war es auch, die ihn zum ersten entdeckten Asteroiden machte – 1801 spürte der italienische Astronom Giuseppe Piazzi Ceres in der Neujahrsnacht auf.
"Schneegrenze" für außerirdische Himmelskörper
Zwischen der bereits besuchten Vesta und dem zukünftigen Ziel Ceres liegen derzeit nicht nur 168 Millionen Kilometer, sondern auch die Frostgrenze, die die Dawn-Sonde gerade erreicht: "Im inneren Asteroidengürtel zur Sonne hin finden wir Gesteinskörper wie Vesta, deren Wasserdampf bereits verschwunden ist", erläutert DLR-Wissenschaftler Jaumann. "Im äußeren Asteroidengürtel, wo wir gerade hinfliegen, gibt es jede Menge Eis, weil die Sonne nicht mehr viel ausrichtet."
Mit Vesta und Ceres werden somit die beiden größten und einzigen intakten Asteroiden, aber auch zwei extrem gegensätzliche Himmelskörper beobachtet und untersucht. "Ein weiterer Glücksfall ist, dass wir zeitgleich mit der Rosetta-Sonde und dem Lander Philae den Kometen Churyumov-Gerasimenko untersuchen", sagt Jaumann. Seit dem 06. August 2014 kreist die Sonde mit elf Instrumenten an Bord um den Kometen, seit dem 12. November 2014 steht der Lander Philae mit zehn Instrumenten auf der Oberfläche von Churyumov-Gerasimenko. "Wir können also zum Beispiel das Eismineralgemisch des Kometen mit dem des Asteroiden Ceres vergleichen." Sehr wahrscheinlich ist die Eiskruste von Ceres ebenso wie beim Kometen Churyumov-Gerasimenko von Staub-Ablagerungen überdeckt.
Zudem haben Aufnahmen des amerikanischen Weltraumteleskops Hubble aus weiter Entfernung bereits gezeigt, dass Ceres sehr wahrscheinlich Wasserdampf und andere Gase in ihre Umgebung abgegeben hat – somit könnte der Zwergplanet sogar aktiv sein und eine dünne Atmosphäre aus Wasserdampf haben. "Das ist enorm spannend für uns." Zumindest die Veränderung auf der Oberfläche von Ceres müsste sich mit der mitreisenden Kamera aus dem Orbit um den Zwergplaneten feststellen lassen.
"Wenn dort Gas aus Geysiren ausströmt, würde es sofort wieder gefrieren und als Schnee auf die Oberfläche sinken." Die mögliche Aktivität lässt den DLR-Planetenforscher aber auch noch weiteres vermuten: "Unter der Eiskruste müsste es im Inneren Wärme geben und somit einen Ozean, in dem eventuell auch biologische Reaktionen ablaufen könnten." Nur: Woher diese Energie stammt, die den Zwergplaneten im Inneren erwärmt, ist bisher noch ein ungelöstes Rätsel.
Plattenbewegung der eisigen Ceres?
In den nächsten Monaten sollen weitere Bilder während der Annäherung aufgenommen werden. Im März 2015 erreicht die Dawn-Sonde dann ihr Ziel und schwenkt in einen Beobachtungsorbit um Ceres ein. Nach und nach wird der Abstand zu Ceres dabei verringert, bis die Kamera der Sonde schließlich aus nur noch wenigen hundert Kilometern Entfernung auf die Oberfläche des Zwergplaneten blickt. Über ein Jahr wird Dawn um die eisige Ceres kreisen und den Zwergplaneten erforschen. Auch für diesen Himmelskörper wird das DLR-Institut für Planetenforschung dann ein dreidimensionales Geländemodell berechnen und die Topographie von Ceres untersuchen.
"Es gibt viele Fragen, auf die wir eine Antwort finden wollen: Wie sieht die Oberfläche aus, und wie hat sie sich im Laufe der Zeit verändert? Gibt es eine Tektonik, das heißt bewegt sich die Eiskruste von Ceres? Und stammen die Ablagerungen, also der Schmutz auf der Oberfläche, aus dem Inneren des Zwergplaneten oder wurden sie über Einschläge von außen auf die Oberfläche gebracht?" DLR-Planetengeologe Prof. Ralf Jaumann ist sich sicher: "Wir haben gute Chancen, das mit der Dawn-Mission herauszufinden und so die Anfänge unseres Sonnensystems besser zu verstehen."
Mission und DLR-Beitrag
Die Mission DAWN wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. JPL ist eine Abteilung des California Institute of Technology in Pasadena. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Teil der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Göttingen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft– und Raumfahrt (DLR) in Berlin und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut.