Rosetta detektiert CO2 und Wasser in Kometen-Koma

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Bereits im August 2014 hatte das Instrument VIRTIS (Visible and Infrared Thermal Imaging Spectrometer) vom Orbiter der Rosetta-Mission aus die durchschnittliche Temperatur der Oberfläche des Kometen Churyumov-Gerasimenko gemessen. Nun haben die Wissenschaftler mit weiteren Messungen Wasser und Kohlendioxid (CO2) in der Koma, die sich mit zunehmender Aktivität zu entwickeln beginnt, detektieren können.

"Auf der Grundlage der gewonnenen Spektren ist es bereits möglich, vieles über die kometare Koma zu erfahren", sagt Planetenforscherin Dr. Gabriele Arnold vom Deutschen Zentrum für – und (DLR), die die deutschen wissenschaftlichen Beiträge zu diesem Experiment leitet.

VIRTIS sieht genau auf aktive Regionen

Eine der Aufgaben von VIRTIS ist es, die Emission verschiedener Gase des Kometen 67/P Churyumov-Gerasimenko global zu kartieren und die Veränderungen zu untersuchen, die mit der Zunahme der kometaren Aktivität entstehen. Das Instrument kann im Wellenlängenbereich des Sichtbaren und nahen Infrarot die Temperatur, mineralogische und chemische Zusammensetzung sowie die räumliche Verteilung der gefundenen Elemente und Moleküle des Kometenkerns und seiner Koma erfassen.

Anfang Oktober diesen Jahres wurde eine Region am so genannten "Nacken" des Kometen soweit aktiv, dass Wasser und Kohlendioxid vom spektral hochauflösenden VIRTIS-H Kanal (Observatoire de Paris) detektiert werden konnte. Die Spektren zeigen molekulare Banden im infraroten Bereich, deren Formen von der Temperatur der Koma und deren Intensität von der Anzahl der Moleküle entlang der Beobachtungslinie von VIRTIS abhängen.

In Bild 1: Das Spektrometer VIRTIS auf Rosetta hat Wassermoleküle in der Koma des Kometen 67/P Churyumov-Gerasimenko nachgewiesen. Die Darstellung zeigt die Messungen (weiß) mit dem Kanal H des Spektrometers VIRTIS auf Rosetta im Vergleich zu Simulationen (Modell, rot), die eine sehr gute Übereinstimmung aufweisen. Die detektierten Molekülbanden zeigen die typische Struktur einer Kombination von Rotationsschwingungslinien. Das Gas entweicht, mit der Erwärmung des Kometen und dem Beginn seine Aktivität, aus dem Kern.

Die Messkurve in Bild 2 zeigt die Detektion von CO2 in der Koma des Kometen. Die Darstellung zeigt dabei wiederum die Messungen (weiß) mit dem Kanal H des Spektrometers VIRTIS auf Rosetta im Vergleich zu Simulationen (Modell, blau), die ebenfalls eine sehr gute Übereinstimmung aufweisen.

Churyumov-Gerasimenko nicht wie andere Kometen

Aus diesen Messungen konnte eine relative Häufigkeit von Kohlendioxid relativ zu Wasser von vier Prozent abgeschätzt werden. Das weist darauf hin, dass 67P/C-G nicht so reich an Kohlendioxid ist wie beispielsweise der Komet 103P/Hartley – für diesen wurde im Rahmen der -Mission EPOXI ein Wert von 20 Prozent gemessen. "Beide Kometen sind Vertreter der Jupiterfamilie, und dennoch sehr unterschiedlich", sagt Dr. Gabriele Arnold. "Der Vergleich ist deshalb für uns Kometenforscher sehr spannend."

Seit Juli misst VIRTIS auch die mittlere Oberflächentemperatur, die gegenwärtig bei etwa minus 70 Grad Celsius liegt. Nun erlauben die neuen Untersuchungen der Koma dem wissenschaftliche Team vom VIRTIS, Aussagen über die Temperatur in einer gewissen Entfernung vom Kometen zu machen. In einem Abstand von einem Kilometer von der Oberfläche entfernt beträgt die Temperatur minus 183 Grad Celsius.

Die Ursache für diese erwartete Differenz liegt darin begründet, dass die Gase bei ihrer Ausdehnung in der Koma beschleunigt und heruntergekühlt werden, wobei ihre Temperaturen auf Werte absinken, die vielfach niedriger als die Temperatur der Oberfläche sind. Diesen Prozess nennt man adiabatische Expansion. Etwa so, wie sich auch abkühlt, die sich ausdehnt.

Aktivität des Kometen steigt an

"Die Detektion von Gasen in den frühen Phasen der Entwicklung der Koma ist wichtig, um die Struktur der eisförmigen Komponenten des Kometeninneren besser zu verstehen". Während Wasser und Kohlendioxid schon beispielsweise von den Orbiter-Instrumenten MIRO und ROSINA beobachtet wurden, kann VIRTIS beide Moleküle mit dem gleichen Instrument bestimmen und deshalb direkt ihre relativen Häufigkeiten messen.

"Diese zusätzliche Information ist bedeutend, da der Nachweis der relativen Häufigkeiten dort am Kometenkern erbracht werden kann, von wo die Gase entweichen." Zusätzlich unterstreicht die unabhängige Detektion durch verschiedene Instrumente der Mission die Validität und Robustheit der Messungen. "Damit sind die neuen Messungen ein wichtiges Puzzleteil auf dem Weg die Frage zu beantworten: Woraus bestehen Kometen?"

Im August 2015 erreicht 67P/C-G seinen sonnennächsten Punkt (Perihel). Mit der Annäherung an diesen Ort nimmt die kometare Aktivität zu und das VIRTIS-Team wird verfolgen, wie sich die Temperaturen in der Koma und auf der Oberfläche verändern. In der gesamten Zeit wird VIRTIS kontinuierlich die Verteilung von Kohlendioxid und Wasser, aber auch von Nebenprodukten wie Kohlenmonoxid (CO), Methanol (CH3OH), Methan (CH4), Formaldehyd (H2CO) und Kohlenwasserstoffen wie Azetylen (C2H2) und Ethan (C2H4) kartieren.

Zugang zu den Daten von VIRTIS

VIRTIS (Visible, InfraRed and Thermal Imaging Spectrometer) ist das visuell-infrarote Spektrometer an Bord der ESA-Sonde Rosetta. Es wird Informationen zur Zusammensetzung des Kometenkerns liefern und die Verteilung des Materials an der Oberfläche sowie der Gase und Moleküle in der Koma kartieren. VIRTIS wurde von einem Konsortium unter der wissenschaftlichen Leitung des Istituto di Astrofisica e Planetologia Spaziali of INAF in Rom () gebaut, das auch den wissenschaftlichen Betrieb leitet.

Zum Konsortium gehören das Laboratoire d’Études Spatiales et d’Instrumentation en Astrophysique of the Observatoire in Paris () und das Institut für Planetenforschung des DLR (Deutschland). Die Entwicklung des Instruments wurde gefördert und koordiniert durch die nationalen Raumfahrtagenturen: Agenzia Spaziale Italiana (ASI, ), Centre National d’Études Spatiales (, ) und des Deutschen Zentrum für Luft- und (DLR, Deutschland). Die Unterstützung durch das Rosetta Science Operations Centre und das Rosetta Mission Operations Centre wird dankend gewürdigt. Die kalibrierten Daten von VIRTIS sind über das ESA Planetary Science Archive erhältlich.