Eine alarmierend große Anzahl von Piloten geht Ihrer Arbeit nach, ohne ein festes Anstellungsverhältnis in dem Unternehmen zu haben, für das sie fliegen. Die Ergebnisse einer gerade veröffentlichten Studie zeigen, dass gerade sog. Billigairlines solche Piloten einsetzen. Die Ergebnisse dieser Studie, die von der Universität Ghent (Belgien) durchgeführt und von der Europäischen Kommission finanziert wurde, werden heute und morgen in Paris der Öffentlichkeit präsentiert.
Diese Studie an der sich mehr als 6.000 Piloten beteiligt haben zeigt, dass mehr als einer von sechs Piloten in Europa sich in einem „atypischen“ Beschäftigungsverhältnis befindet, d.h. sie sind über Zeitarbeitsfirmen, als Scheinselbstständige oder über sog. „Zero-Hour“ Verträge, die kein Mindesteinkommen vorsehen, beschäftigt.
„Die Studie zeigt deutlich, dass Piloten zunehmend über ihre Arbeitsbedingungen besorgt sind und sich fragen, wo sie ihre Steuern und Sozialabgaben bezahlen sollen. Das setzt Besatzungen unverhältnismäßig unter Druck!“, so Emmanuel Jahan, Vorsitzender des European Sectoral Social Dialogue for Civil Aviation, der die Studie in Auftrag gegeben hat. Für die EU-Sozialpartner ist eine Stärkung der „Heimat-Basis-Regelung“ für Flugbesatzungen der Weg zu einer EU-weiten Verständigung über Arbeits- und Sozialgesetze.
Selbständigkeit bei Piloten besonders bei Billigairlines
Den Autoren der Studie zufolge ist Selbstständigkeit die gängigste Art der atypischen Beschäftigungsverhältnisse. Sieben von zehn selbständigen Piloten arbeiten für eine Billigfluglinie. Selbständigkeit wird jedoch häufig benutzt, um die eigentlich regulären Arbeitsverhältnisse zu verschleiern. Dies schafft unfaire Wettbewerbsvorteile für die Fluglinien, die auf solche Arbeitsverhältnisse zurückgreifen und verzerrt die Marktbedingungen im Luftverkehr erheblich.
Die Studie enthüllt auch die Auswirkungen von Scheinselbständigkeit auf die Sicherheit in der Luftfahrt: Fast die Hälfte aller Piloten, die auf selbständiger Basis beschäftigt sind, melden, dass sie Probleme haben, Sicherheitsbedenken gegenüber ihrer Fluggesellschaft zu äußern. Bei der Prekarisierung der Arbeit in der Luftfahrtbranche geht es also um mehr als die Vermeidung sozialer Absicherung und Steuerzahlungen. Es werden erhebliche Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Branche erhoben.
Fliegen oder am Boden bleiben – Interessenskonflikt
Vor allem junge Piloten sind von der Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse betroffen. 40 Prozent der 20 bis 30 Jahre alten Piloten fliegen ohne direkt bei einem Unternehmen angestellt zu sein. Während es ohnehin für junge Piloten schwierig ist eine Anstellung zu finden, subventionieren diese Piloten ihre Airline, indem sie dafür bezahlen, fliegen zu dürfen und Flugerfahrung zu sammeln („pay-to-fly-Modell). Das kann zu Interessenkonflikten für einen dem sicheren Fliegen verpflichteten Piloten führen und ist finanzielle Ausbeutung.
Vieles davon ist möglich, weil die bestehende Gesetzgebung Schlupflöcher enthält oder nicht durchsetzbar ist. Sozialgesetzgebung, Arbeitsbedingungen und Sicherheitsregelungen müssen angepasst werden um sicherzustellen, dass Anstellungsverhältnisse und Managementmodelle nicht den fairen Wettbewerb oder die Sicherheit von Passagieren und Besatzungen gefährden.
„Die Studie stellt einen Meilenstein dar – sie ist der umfassendste, gründlichste und konkreteste Versuch bisher, die Probleme hinsichtlich der Arbeitsverhältnisse in der Luftfahrtbranche zu erfassen“, sagte John Horn, Vizevorsitzender des Sectoral Social Dialogue Committee. „Wir sind sehr daran interessiert, mit den Entscheidungsträgern zu analysieren und zu diskutieren, welche Schritte unternommen werden müssen, um langfristige Stabilität für die europäische Luftfahrtbranche sicherzustellen. Insbesondere hinsichtlich der unzumutbaren Arbeitsbedingungen die mit dem pay-to-fly-Modell insbesondere jungen Piloten zugemutet werden.