Der Streit zwischen dem Lufthansa-Mangagement und den Mitarbeitern in der Kabine verschärft sich. Während die Konzernführung mitteilt, sie wolle weiter verhandeln, begegnet die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO) dem mit Statements, die sich von dieser Einladung keine großen Erwartungen mehr zu machen scheinen. Solidarität mit UFO kommt dabei von der Vereinigung Cockpit (VC). Diese hat dazu heute ein Schreiben an die Gewerkschaft UFO übermittelt, in dem sie bekräftigt, dass sie sich im Falle von Arbeitskämpfen mit der UFO solidarisch erklärt. Zu den Ereignissen der vergangenen Tage nehmen Vorstandsvorsitzender Nicoley Baublies und Vorstandsmitglied Birgit Weinreich wie folgt Stellung.
Birgit Weinreich, Mitglied im Lufthansa-Aufsichtsrat: „Bis heute ist keine Rückmeldung zu unserer Forderung bei uns eingegangen. Lufthansa hat lediglich eine Anti-UFO-PR-Kampagne gestartet und versucht die Mitarbeiter davon zu überzeugen, dass UFO die eigenen Ziele „unter den Teppich kehrt“. UFO hätte sich diese Kreativität im Verhandlungsraum gewünscht, ist aber überzeugt, dass unsere Kollegen dieses Schauspiel durchschauen – konnten sie dieses Verhalten bereits in den letzten zwei Jahren bei anderen Auseinandersetzungen beobachten. Man scheint der Meinung zu sein, die Kabinenmitarbeiter mit emotionaler Polemik zu erreichen. Die Situation im Innenverhältnis, bis tief ins Management, ist für einen DAX-30-Konzern im allgemeinen und für einen Dienstleister insbesondere, nicht nur unwürdig, sondern auch nicht auf Dauer aushaltbar!“
Baublies weiter: „Die Verantwortung für den Umgang mit den Mitarbeitern trägt die Konzernarbeitsdirektorin, Dr. Bettina Volkens. Unter ihrer Führung ist die Sozialpartnerschaft in eine tiefe Krise geraten.“ Die restlichen Konzernvorstände seien jedoch genauso in der Gesamtverantwortung und gefordert, dass dieser Bruch wieder repariert wird. Als Gewerkschaft dürfe man erwarten, dass die Aufgaben, die in der größten Umbauphase des Konzerns entstehen, auch im Bereich Personal gelöst werden können.
Ein Streik, so erfolgreich er auch sein mag, kann dies nicht alleine bewirken. Schon deshalb nicht, weil im Verlaufe dieses Prozesses sämtliche gesamthaften Lösungsansätze formal endgültig gescheitert sind. Die Aussagen von Frau Volkens, die mitteilen ließ, dass man sich nicht inhaltlich („es wird kein weiteres Angebot der Lufthansa geben“) mit den Themen beschäftigen möchte, noch das grundgesetzlich verbriefte Recht eines Arbeitskampfes als letztes Mittel akzeptiert („wir werden mit allen juristischen Mitteln versuchen diese Streiks zu verhindern“), werfen ein aus Sicht der UFO stimmiges Bild auf die Handlungsweise von Frau Volkens, die hier alles andere als souverän agiert und auch Lösungsansätze vermissen lasse, so die Kabinenvereinigung. Sie verstärke diesen Eindruck auch noch in einer Mitteilung, in welcher sie unverhohlen der UFO droht: „Sollte es tatsächlich zu dem angekündigten Streik kommen, würde die UFO damit unsere Angebote zur Alters- und Übergangsversorgung ablehnen. Wir sind dann an diese nicht mehr gebunden“.
Bezüglich der Berichterstattungen zu den Verhandlungen präzisiert UFO nochmals folgende Punkte.
- Es gibt Berichte, wonach UFO in den vergangenen Verhandlungen an der bisherigen Vorruhestandsregelung festhalten wolle. Das Gegenteil ist der Fall. UFO hat Lufthansa bereits im September 2014 vertraglich zugesichert, die Systematik der Versorgung umzustellen. Ein unverfälschtes Definded Contribution-System, wie es in anderen DAX-Unternehmen schon längst passiert ist, wurde von uns nicht nur angeboten, sondern vorgeschlagen. Im Gegenzug hat sich Lufthansa lediglich verpflichtet, Rahmenbedingungen einzuhalten. Diese sind insbesondere die Gleichbehandlung von heutigen und künftigen Mitarbeitern, die Möglichkeit weiterhin mit 55 Jahren ausscheiden zu können und die Verpflichtung, einen realistischen Zinssatz bei der Umstellung zu hinterlegen. Die politischen und finanziellen Vorteile für das Unternehmen sind dabei unbestritten.
- Ebenso wird in einigen Berichten vermutet, UFO sei eigentlich vor allem in Sorge um die Entstehung der neuen Eurowings. Auch dies ist nicht der Fall. Ebenfalls mit der Vereinbarung vom 16.09.2015 haben sich UFO und Lufthansa verpflichtet, die Lowcost-Plattformen auf einem gemeinsam zu ermittelnden Benchmark-Niveau zu tarifieren. Die UFO hatte sich im Zuge einer Gesamtlösung auf diese ungewöhnliche Maßgabe eingelassen. Das Benchmark wurde extern erstellt und das Ergebnis wechselseitig akzeptiert. Allerdings ist Lufthansa im weiteren Verlauf von dieser Vereinbarung abgerückt und hat, wohl auch im Zuge der Auseinandersetzung mit der Vereinigung Cockpit entschieden, diese Plattformen lieber untarifiert zu lassen.
- Einige Journalisten appellieren auch an die Gewerkschaftsseite, sich einzugestehen, dass die Lufthansa auf der Kostenseite Nachteile ausgleichen muss, um sich gegen die Konkurrenz aus dem nahen Osten einerseits und den Budget-Carriern andererseits durchzusetzen. Dies wurde von UFO im Rahmen der Agenda-Kabine und des Bündnisses für Wachstum und Beschäftigung bereits in Form von Tarifvereinbarungen erledigt bzw. an anderer Stelle anerkannt. Darüber hinaus werden bereits weitere Maßnahmen umgesetzt. Dies ist insbesondere die Tarifierung von Saisonkräften in Zwangsteilzeit, die Absenkung der Personalkosten um 20 Prozent auf touristisch geprägten Strecken (Arbeitstitel „JUMP!“) und die Einsparungen in der Umstellung der Übergangs- und Altersversorgung von einem Defined Benefit auf ein Defined Conribution-System. Darüberhinaus hat UFO angeboten, zusammen mit einer gemeinsam ausgewählten Wirtschaftsprüfungskanzlei die geforderten Sparziele zu monitoren und ihrerseits deren Erreichen für die kommenden zehn Jahre im Rahmen des vereinbarten Bündnis für Wachstum und Beschäftigung zu garantieren.
Die Tatsache, dass das Bündnis nicht zustande gekommen ist, welches noch weitere Vorteile für Lufthansa enthalten hätte wie etwa:
- Einführung einer neuen Vergütungstabelle für Mitarbeiter ohne weiterer Berufsausbildung 20 Prozent bis 60 Prozent unter den heutigen Bedingungen
- selbstauferlegte sowie deeskalierende Spielregeln im Arbeitskampf
- Variabilisierung von Gehaltsbestandteilen
und vielem mehr, ist nach Ansicht von UFO auf mehrere Faktoren zurückzuführen.
Nicoley Baublies: „Der Konzernvorstand hat offensichtlich im Laufe der Verhandlungen mit UFO und ver.di sowie der Auseinandersetzung mit den Kollegen der Vereinigung Cockpit neue Unternehmensziele definiert, die mit einer Schrumpfung der Kernmarke Lufthansa einhergehen. Die Verantwortung für das Scheitern der Verhandlungen und die gebilligte Beendigung der Sozialpartnerschaft versucht man dabei nicht ganz ungeschickt den aufmüpfigen und egoistischen Spartengewerkschaften und den änderungsresistenten Mitarbeitern unterzuschieben.“ Die Fakten im Prozess der Auseinandersetzung zwischen UFO und Lufthansa zumindest sprächen eine andere Sprache.
Eine zeitlang habe es für UFO so ausgesehen, als würde man mit den verschiedenen Mitarbeitergruppen tatsächlich je nach Problembewusstsein und Lösungsbereitschaft unterschiedlich umgehen. Mittlerweile werde jedoch deutlich, dass alle Mitarbeitergruppen gleichermaßen zu Betroffenen gemacht werden. UFO sei nicht nur deshalb interessiert, sämtliche bisherige Diskussionen über gewerkschaftliche Differenzen und Konkurrenz hinten anzustellen. Um zu ermöglichen, dass alle beteiligten Mitarbeitergruppen und deren Vertretungen möglichst einheitlich darstellen können, dass es Gewinner in dieser Situation derzeit an keiner Stelle gibt – zumindest nicht auf Seiten der Mitarbeiter, sei es daher angebracht, dass alle Mitarbeiter eine gemeinsame Stimme bekommen.
Ver.di-Vorstand und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Christine Behle hat sich gestern ebenfalls gegen die Pläne der Lufthansa zur Altersversorgung gewandt. Der Präsident der VC, Ilja Schulz und der Tarifvorstand Ingolf Schumacher, haben heute deshalb die Solidaritätsnote mit ähnlicher Sichtweise auf das Thema an die UFO übermittelt.